Album der Woche: Ayo - "Mami Wata"
Stand: 22.09.2024, 00:00 Uhr
Ayos sanfte und intensive Soulstimme hat das Publikum weltweit erobert. Das 7. Album der Sängerin, Songwriterin und Schauspielerin ist u.a. auf Tahiti entstanden, wo sie seit drei Jahren lebt und täglich surft. "Mami Wata" ist dem Meer und den Frauen gewidmet.
Von Anna-Bianca Krause
Joy Olasunmibo Ogunmakin, Künstlername Ayo, Sängerin, Songwriterin, Multiinstrumentalistin und seit einiger Zeit auch Schauspielerin, hat eine der schönsten und gefühlvollsten Soulstimmen, die es gibt. Die 44jährige ist in Frechen bei Köln geboren als Tochter eines Nigerianers und einer Roma-Mutter. Nachdem sie anfangs in Deutschland und Nigeria gelebt hat, zog sie zuerst nach Paris, dann weiter nach New York und nach Lissabon, heute lebt sie mit ihren drei Kindern auf Tahiti. Mit "Joyful", ihrem ersten Album 2006, das in über vierzig Ländern erschienen ist und den Reggae-Lovesong "Down On My Knees" enthielt, kam der Mega-Erfolg quasi über Nacht. Seitdem hat sie fünf weitere Alben veröffentlicht und ist zu einem internationalen Star gewachsen.
Flucht nach Tahiti
Seit 2021 lebt Ayo auf Tahiti. Dass sie sich dort niedergelassen hat, daran ist die Pandemie schuld: Sie war für zwei Auftritte auf Tahiti gebucht, dann kam Corona und der erste Lockdown und sie musste fünf Monate dort bleiben. In dieser Zeit verliebte sie sich in die größte Insel Französisch-Polynesiens, in die Kultur, die Menschen, vor allem aber ins Meer und das Surfen. Die Entscheidung, auch nach der Pandemie wieder auf Tahiti zu leben, begründet sie mit ihrer Liebe zum Surfen. Ayo steht täglich stundenlang auf dem Brett, Surfen ist für sie heute genauso wichtig wie die Musik. Beides habe auch Gemeinsamkeiten, sagt Ayo: Vor dem Publikum auf einer Bühne zu stehen und eine Welle zu reiten löse bei ihr ganz ähnliche Glücksgefühle aus und bei beidem wisse sie nicht, wo die Reise hingeht. Die meisten Songs schreibt sie inzwischen am Meer, manchmal sogar im Meer, da wird ihr Surfboard zum Perkussionsinstrument während sie dazu mit ihrer Stimme improvisiert.
Göttinnen und andere Frauen
Mami Wata ist die afrikanische Wasser-Göttin und die Göttin des Meeres in der Yoruba-Religion. Sie ist halb Frau, halb Fisch. Ayo hat das Album nach ihr benannt, weil sie in den letzten Jahren mehr Zeit im Meer als auf der Bühne oder im Studio verbracht hat. Die Songs sind einerseits inspiriert von Ayos Leben auf Tahiti und dem Meer, andererseits geht es inhaltlich aber auch um die Schwierigkeiten und Härten, denen Frauen weltweit ausgesetzt sind – deshalb hat Ayo ihnen das Album auch gewidmet. Zwei der wichtigsten Songs sind "Love Song" und "Woman". "Love Song" thematisiert häusliche Gewalt, die vielen während der Lockdowns von ihren Männern geschlagenen oder erschlagenen Frauen waren Auslöser für den Text. Geschrieben hat Ayo den Song zusammen mit dem Produzenten, Songwriter und Musiker George Brenner aus Hamburg. Mit ihm hatte sie auch schon an ihren Durchbruch "Down On My Knees" gearbeitet. "Woman" ist den Frauen im Iran gewidmet. Inspiriert dazu wurde Ayo vom Tod Mahsa Aminis und all den anderen Frauen und Mädchen, die vom iranischen Regimes umgebracht wurden, am Ende des Songs liest sie die lange Liste mit Namen von weiblichen Todesopfern vor.
Piano als Perkussionsinstrument
Ayo wollte mit "Mami Wata" ein Album machen, das auch musikalisch neue Wege geht und andere Klangfarben enthält. Die Aufnahmen dafür fanden im Januar in einem Haus in der Nähe von Paris statt. Die Besonderheit dort: In jedem Raum steht ein Klavier. Darauf haben zwei virtuose französische Pianisten für sie gespielt: Gael Rakotondrabe und Vincent Bidal. Da für Ayo das Klavier aber auch ein Perkussionsinstrument ist, hat sie unter die Saiten der Pianos Filz- oder Schwammstückchen geklemmt, sodass der Sound gedämpft wurde. Dasselbe Prinzip wendete sie auch auf ihrer Gitarre an, dort hat sie Schwammstückchen unter die Saiten gesteckt. Zu hören auf dem Album sind neben Klavier und Gitarre auch Mandoline, Cello, Geige und Fender-Rhodes-Piano, ansonsten bleibt Ayo sich und ihren Soul-Balladen treu. "Mami Wata" klingt dabei rhythmisch und spirituell und Ayos Stimme gereift und schöner denn je.