Eddie Chacon ist glücklich. Und dankbar. Dafür, dass ihm das Leben eine zweite Chance in der Musik gegeben hat. Das hätte er noch vor einigen Jahren gar nicht zu träumen gewagt. Als Teil des Duos Charles & Eddie hatte er in den 90ern, damals mit Ende 20, schon seine 15 Minuten Ruhm gehabt, eine Karriere im Rampenlicht und auf MTV. Und einen Mega-Hit, der bis heute nachhallt: "Would I Lie to You?". 2001 verstarb sein Partner Charles Pettigrew an Krebs, da war das Duo schon vier Jahre Geschichte. Eine, mit der Eddie Chacon abgeschlossen hatte.
Doch dann lernte der heute 61-Jährige durch einen Zufall den eine Generation jüngeren Allround-Musiker John Carroll Kirby kennen, der ihn Ende der Zehnerjahre ermutigte, es nochmal zu versuchen mit der Musik. Kirby produzierte seine beiden Comeback-Alben "Pleasure, Joy and Happiness" und "Sundown". Auf dem neuen Album ist er nur noch auf einem Song vertreten, der Single "Empire", sie bildet das Bindeglied zwischen den Alben zwei und drei.
Wechsel an den Reglern
Eddie Chacon hat geweint. Vor Rührung. Als John Carroll Kirby ihm offenbarte, er halte es für angemessen, wenn er sich für Album Nummer drei einen neuen Produzenten suchen würde. Kirby habe ihn wieder herangeführt, jetzt solle er sich weiterentwickeln und einen Producer suchen, der andere Facetten seines Könnens zum Vorschein bringt. Auftritt Nick Hakim. Noch einmal ein gutes Jahrzehnt jünger als Kirby, Absolvent des renommierten Berklee College of Music in Boston und seinerseits selber Indie-Soul-Musiker und bekannt für LoFi-Produktion mit Drum Machine und verhuschtem Gesang.
Auf "Lay Low" bringt er nun einiges davon mit ein, aber es vermischt sich auch mit Eddie Chacons musikalischer Vita. Der Lo-Fi Sound von Hakim dominiert, am schönsten auf dem trippigen "Let the Devil In". Aber Chacon wollte auch Reminiszenzen an seine Vergangenheit auf dem Album haben: den wohlklingenden 90er-Soul-Pop von Charles & Eddie, den man auf dem Titeltrack heraushört. Und auch die Musik seiner Jugend: "Let You Go" klingt nach 70er-Jahre-Soul und hat diese twangige, ost-asiatisch klingende Gitarre, die der Wu-Tang Clan als Shaolin Soul bezeichnen und samplen würde.
Ein großer Verlust
Eddie Chacon war traurig, tieftraurig - über den Tod seiner Mutter, die in den Zehnerjahren verstarb. Aber er konnte jahrelang nicht darüber sprechen, geschweige denn singen. Bis jetzt. Er hat ihr viele, fast alle Songs auf dem Album gewidmet. Titel wie "End of the World" und "If I Ever Let You Go" sprechen Bände, wenn man um diese autobiographische Note weiß, funktionieren aber auch als traurige Break-Up-Songs.
"Good Sun", das Eröffnungsstück, spiegele ihren optimistischen Charakter wider, sagt Eddie Chacon, und auch, dass sie egal, wo sie war, immer einen Platz in der Sonne gesucht habe. Sie hätten sich sogar im Restaurant ständig umsetzen müssen, um der Sonne hinterher zu wandern. Nicht alle Texte sind allerdings nach dem einen Konzept entstanden. Eddie Chacon ist Anhänger der Stream of Consciousness Methode. Er findet assoziativ Worte, während Nick Hakim ihm Instrumentals vorspielt. So entstand eine Art musikalischer Abschied von seiner verstorbenen Mutter, ein sehr intimes Album, dessen Emotionalität und Zurückhaltung beim Hören Melancholie, Wärme und Gänsehaut erzeugt.