Mit "New Internationale" begeben sich Kit Sebastian auf eine Reise in die Psychedelik
Stand: 28.10.2024, 00:01 Uhr
Globale Einflüsse, zeitlose Nostalgie und gleichzeitig modern: Seit 2018 mixen Kit Sebastian einen Sound-Cocktail aus anatolischer Psychedelia mit UK Jazz und New Wave aus Frankreich. In Ihrem neuen Album erweitern sie ihre weltoffene Ästhetik mit noch mehr globalen Einflüssen.
Von Büşra Taşdemir
"Kenn ich!" – dieser Gedanke kommt einem schnell, wenn man die Musik des Londoner Duos Kit Sebastian hört. Seit 2018 erschaffen Merve Erdem und Kit Martin einen Mix aus anatolischer Psychedelia, brasilianischer Tropicália und französischem Pop. Ihre Musik passt perfekt zum Psychedelic-Sound von Acts wie Altin Gün oder Khruangbin und bleibt trotzdem einzigartig.
Alles beginnt in London
Auf ihrem neuen Album "New Internationale" spielen Kit Sebastian neben Klavier, Saxofon, Cembalo auch Oud und die Bağlama durch den analogen Synthesizer. Ihr musikalischer Mix spiegelt wider, wie sich Kit Sebastian kennengelernt haben: Sängerin Merve Erdem wächst in Istanbul auf, studiert in Rom und zieht nach London. Dort findet sie in einer Facebook-Gruppe für Türkeistämmige im UK einen Post von Kit Martin. Er will ein Musikprojekt starten, das sich an den Sound einer türkischen Folk-Ikone anlehnt: Selda Bağcan. Merve musste nicht lange nachdenken. Sie ist selbst mit Liedern von Künstlern wie Sezen Aksu oder dem Pionier des Anadolu Rock, Barış Manço, aufgewachsen und hatte schon immer eine Liebe für diese Art von Musik. Kit Martin ist zwischen Frankreich und England aufgewachsen und war schon immer ein Fan von kosmopolitischen Klängen. Die multikulturelle Sozialisierung der beiden erkennt man in ihrer Musik: Sie singen auf Englisch, Französisch und Türkisch. Die Geburtsstunde von Kit Sebastian schlägt.
Licht und Schatten
Auf "New Internationale" zeigen sich Kit Sebastian musikalisch so vielfältig wie noch nie. Sie nehmen Einflüsse aus der aserbaidschanischen Musiktradition Mugham auf, spielen eine größere Vielfalt an Instrumenten und verarbeiten persönliche Erlebnisse in ihren Texten. Der Song "Göç / Me", bedeutet übersetzt "Migrier / Nicht". Es ist eine Warnung vor überzogenen Erwartungen an Migration, gesungen von einer, die selbst migriert ist. Der verspielten Musik steht ein schwermütiger Text entgegen: "In meinem Körper ist genug Pessimismus für alle / Während ich langsam an meinen Flammen nippe“. lautet eine der Zeilen übersetzt. Auch in "Metropolis" singt Merve Erdem von der Flucht in eine fremde Großstadt. "Blue sky and the sun are gone / Desolation lights the dawn“ lautet eine Zeile in dem Song. Die mit der Migration verbundenen Hoffnungen, Träume und Enttäuschungen, können in der Realität jäh zerschlagen werden. Der Song wirkt wie eine Projektionsfläche für die Sehnsüchte von Menschen, die in diesem Ballungsraum einen Platz für sich finden wollen. Merve thematisiert auch ihre eigenen Erfahrungen. Als Person aus Istanbul war es für sie oft nicht einfach, sich auch noch mit Vorurteilen gegenüber der Türkei und Türkeistämmigen zu beschäftigen.
Synthese von Eindrücken aus dem Leben
"New Internationale“ lebt von der Vielfalt – musikalisch wie inhaltlich. "Bul Bul Bul" ist eines der drei Songs auf Türkisch und heißt übersetzt "Finde". Er handelt von der Liebe – ein verspielter Song, getrieben von der Polyrhythmik der Conga, lädt er zum Tanzen ein. Vielleicht ist der Song ein Symbol für das, was "New Internationale“ ausmacht: eine Synthese von Eindrücken aus dem Leben von Kit Sebastian.