Autor im Gespräch
Markus Berges über "Irre Wolken"
Stand: 02.02.2024, 15:17 Uhr
Mitte der 1980er Jahre tritt ein 19jähriger sein Freiwilliges Soziales Jahr als Pfleger an und landet in "der Hülle". Die Hülle ist eine psychiatrische Klinik, die für den jungen Mann zu einer Art Initiationsort wird, wo er die Liebe findet.
Der namenlose Ich-Erzähler in Markus Berges‘ drittem Roman "Irre Wolken" wird im Laufe der Geschichte irgendwann den Namen Kuli bekommen. Er selbst weiß nicht wie er zu diesem Namen kommt, hofft aber, dass Kuli etwas mit cool sein zu tun hat.
Der junge Mann hat 20 Kilo Übergewicht, als er in der Hülle seinen freiwilligen Dienst als Pfleger antritt und fühlt sich alles andere als wohl in seiner Haut. Kuli kommt aus einem katholischen Haushalt in Westfalen, wo der Alltag streng reglementiert ist und die Zukunft vorherbestimmt scheint. Er spielt in einer Band, sein Vater ist von ihm chronisch enttäuscht und hat hohe Erwartungen an den Sohn.
Es dauert eine Weile, bis Kuli versteht, wie man mit den psychisch erkrankten Frauen in der Klinik umgeht, in der es Abteilungen gibt, wo Patientinnen sogar ans Bett gefesselt werden müssen. Ausgerechnet in dieser Umgebung begegnet er nun seiner ersten großen Liebe.
Anne ist schizophren und wird von ihren Eltern in die Klinik gebracht. Zwischen ihr und dem dem jungen Pfleger entsteht eine besondere Verbindung, die allen äußeren Umständen zu trotzen scheint.
Der Roman spielt zur Zeit der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Alle haben Angst vor der atomaren Bedrohung, besonders Anne, die mit Kuli aus der Klinik flüchtet. Doch nicht nur die Wolken mit ihrem bedrohlichen Regen verwirren das Paar.
In "Irre Wolken" beschreibt der 1966 in Telgte geborene Autor die Initiation eines jungen Mannes, der sich in eine Kranke verliebt, was ihn in eine existentielle Ausnahmesituation bringt.
Als Sänger und Texter der Kölner Band Erdmöbel weiß Markus Berges, wie man Stimmungen hervorruft, was "Irre Wolken" zu einem interessanten Stück Zeitgeschichte und auch zum Soundtrack eines historischen Moments werden lässt.
Markus Berges beschreibt die Leichtigkeit und Kompliziertheit eines beginnenden Erwachsenenlebens inmitten eines Sommers, in dem der atomare Gau nicht die größte Katastrophe ist.
Eine Rezension von Claudia Cosmo
Literaturangaben:
Markus Berges: Irre Wolken
Rowohlt, 2024
288 Seiten, 24 Euro
Lesetermine:
09.03.2024, Kulturkirche Nippes im Rahmen der LitCologne
15.03.2024, Alte Feuerwache Münster