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"Jenseits des Grabes" von Fred Vargas

Stand: 28.06.2024, 12:45 Uhr

Die Vorfreude war groß, als bekannt wurde, dass die französische Bestsellerautorin Fred Vargas ein neues Buch geschrieben hat. Die Vorfreude ist beim Lesen allerdings in sich zusammengefallen, wie ein Soufflé, bei dem mit den Zutaten etwas komplett schiefgelaufen ist.

Lichtgestalt in den Vargas-Krimis: Adamsberg. Kommissar im 13. Pariser Arrondissement. Sehr eigenwillig, aber genau das macht ihn so faszinierend. Dieser Adamsberg ermittelt jetzt überraschend in einem kleinen Ort in der Bretagne. Dort geht ein Gespenst mit einem Holzbein um. Immer wenn das Holzbein klopft, geschieht ein Mord. Oder sonst ein Unheil. Die Leute im Ort sind abergläubisch, wer auf seinen eigenen Schatten tritt, hat es ohnehin verwirkt. Und mit Aberglauben und anderen Ungereimtheiten geht es munter weiter.

Die Autorin Fred Vargas hat sich bei ihren Krimis bislang dadurch ausgezeichnet, dass sie tausend Fäden spinnt, die sie am Ende überraschend, doch logisch zusammenführt. In ihren früheren Krimis konnte sie den Leser mit ihren reichlich verwirrenden Geschichten fesseln, amüsieren. Nichts davon in diesem Roman. Da ermitteln manchmal mehr als ein Dutzend Kommissare, nichts passt zusammen, es tauchen Drogendealer auf. Neureiche, die Testamente fälschen, Spielbankbesitzer, Mörder, die sich akrobatisch in einem Baumwipfel verstecken und deshalb von der Polizei übersehen werden.

Man hofft auf ein Wunder. 526 Seiten lang. Dass Fred Vargas, deren Romane Weltbestseller waren, ihren Kompass noch findet und einsetzt. Dass sie ihren Esprit und ihre ungewöhnliche Begabung noch zeigt. Die Romane von Fred Vargas waren immer auf Länge geschrieben, aber es wurde einem in keinem Moment langweilig. So ganz anders als jetzt.

Was sie sich da ausgedacht hat, ist einfach nur öde. Und sie reißt es nicht mal raus, in dem sie, was sie auch immer tut, von französischem Essen, der französischen Lebensart schreibt. Aber wenn zum 21. Mal Pilze mit Wildschwein serviert werden, ist einem der Leseappetit schon lange vergangen. Vielleicht ist diese Rezension auch nur eine sanfte Vorwarnung. Wenn Sie einen guten Krimi für den Sommer suchen, halten sie ein bisschen Abstand von der neuen Vargas. Aber versuchen Sie es einmal mit einem der alten Adamsberg-Krimis. Die waren noch richtig gut.

Eine Rezension von Christine Westermann

Literaturangaben:
Fred Vargas: Jenseits des Grabes
Aus dem Französischen von Claudia Marquardt
Limes Verlag, 2024
528 Seiten, 26 Euro