Durch die höhere Lebenserwartung steigt auch die Wahrscheinlichkeit, in ein Alter zu kommen, in dem Unterstützung durch andere dauerhaft nötig ist. Das fordert die Gesellschaft, auch weil der Anteil derjenigen sinkt, die Hilfe leisten können. Zugleich entwickeln sich technische Hilfssysteme rasant. All das wirft ethischen Fragen auf: Was genau bedeutet Hilfe – und welche moralischen Implikationen sind damit verbunden?
Mit dem "Phänomen fremder und eigener Hilfsbedürftigkeit" sind wir grundsätzlich auch jenseits der Hilfsbedürftigkeit im Alter tagtäglich konfrontiert, sagt die Philosophin Susanne Boshammer. "Das ist kein neues Phänomen und kein Spezifikum moderner Zeiten. Tatsächlich sind Menschen notorisch hilfsbedürftige Wesen. Wir alle sind im Verlauf unseres Lebens immer wieder auf die Hilfe anderer angewiesen."
In der Moralphilosophie und in den angewandten Ethik ist "die Tätigkeit des Helfens" seit jeher ein Thema. Hilfsbereitschaft als Tugend in der Antike zum Beispiel – unverzichtbarer Bestandteil eines gelungenen Lebens. In der Moderne kommt die Frage hinzu, ob es Hilfspflichten gibt. Und wenn dem so ist, stellt sich die Frage, wie weitreichend diese Pflicht währt: Gibt es auch globalen Hilfspflichten, etwa beim Umgang mit dem Hunger in Teilen der Welt?
Müssen wir helfen? Das ist also eine entscheidende Frage, die sich heute stellt. Eine weitere: Dürfen wir helfen? Konkreter: Darf ich helfen? Viele Hilfstätigkeiten sind zustimmungspflichtig. Manche sind umstritten, etwa der assistiere Suizid; hinzu kommt die Autonomie des Hilfsbedürftigen. "Es ist zugleich eine Frage, die sich uns selbst als Helfendem stellt, weil keineswegs immer klar ist, ob wir moralisch richtig handeln, wenn bzw. weil wir anderen zu Hilfe kommen", sagt Susanne Boshammer.
Wann ist Hilfe eine Pflicht und wann nicht? Welche Bedeutung hat das Helfen für Beziehungen? Wie gehen Sie mit Hilfsbedürftigkeit um? Welche Bedeutung hat das Helfen für Sie?
Redaktion: Gundi Große
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Unser Podcast-Tipp: Im Mittelpunkt von "WDR Lebenszeichen" steht das Subjekt "Mensch": Sein Zusammenleben mit anderen in Familie, Partnerschaft oder im Berufsleben; sein Widerstand gegen Ideologien und Verhältnisse, die ihn zum Objekt degradieren wollen; sein Umgang mit Glück und Wohlstand, aber auch mit Krankheit und Trauer; seine Suche nach dem "aufrechten Gang". https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/lebenszeichen/index.html