24. November 1632 - Der Philosoph Baruch de Spinoza wird geboren

Gott ist keine Person, sondern die gesamte Realität - mit dieser Auffassung bringt der Philosoph Spinoza seine jüdische Gemeinde und die katholische Kirche in Rage. Er wird wegen seiner Religionskritik als Atheist bekämpft.

"Alles ist Gott", sagt der niederländische Philosoph Baruch de Spinoza. "In jedem Gedanken, jedem Wort und jeder Emotion, in den ganz gewöhnlichen Dingen wird das eigentliche Wunder gesehen, was wir Gott nennen." Mit dieser pantheistischen Idee widerspricht er diametral der dualistischen Lehre, die im 17. Jahrhundert herrscht: hier die Welt, dort Gott.

Damit schafft sich Spinoza mächtige Gegner. 1656 exkommuniziert die jüdische Gemeinde in Amsterdam den 32-Jährigen. Weil er sich keiner anderen Religion anschließt, wird er zu einem der ersten säkularen Juden. Auch die katholische Kirche ist nicht gut auf ihn zu sprechen. Sie setzt später seine Werke auf den Index und erklärt den Philosophen zu einem gefährlichen Atheisten.

"Die Philosophie Spinozas galt in der Frühen Neuzeit und noch in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts als die bei Weitem gefährlichste Bedrohung für die wahre Religion, für ein philosophisch akzeptables Weltbild und auch für die staatliche Ordnung." Winfried Schröder, Philosophie-Professor

Frei und selbstständig denken

Für Aufregung sorgt auch Spinozas Menschenbild, bei dem die vernunftgeleitete Maximierung der Lebenslust im Mittelpunkt steht. Er ist überzeugt, dass das Streben des Einzelnen nach Glück und Frieden zentral ist für das menschliche Leben. Um herauszufinden, worin das Glück liegen kann, ist es aus seiner Sicht notwendig zu erkennen, was die Welt ausmacht und welche Rolle der Mensch darin spielt.

Um das eigene Handeln aus Einsicht zu gestalten, müssen die Menschen frei und selbstständig denken können. Das zu ermöglichen, ist nach Spinoza die Aufgabe des Staates. Dessen Zweck sei es nicht, aus vernünftigen Wesen Tiere oder Automaten zu machen. "Der Zweck des Staates ist in Wahrheit die Freiheit." Spinoza plädiert deshalb neben Presse- und Meinungsfreiheit auch für die Demokratie als Staatsform.

Baruch de Spinoza, niederländischer Philosoph (Geburtstag, 24.11.1632) WDR ZeitZeichen 24.11.2022 14:46 Min. Verfügbar bis 24.11.2099 WDR 5

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Bedroht und zurückgezogen

Spinoza wird am 24. November 1632 als Bento de Espinosa in Amsterdam geboren. Er stammt aus einer portugiesisch-jüdischen Familie, die Ende des 16. Jahrhunderts vor der spanischen Inquisition in die Niederlande geflohen ist. Sein Vater handelt mit Kaffee und Südfrüchten. Nach dessen Tod übernimmt Baruch de Spinoza 1654 die Firma. Als er jedoch zwei Jahre später aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen wird, darf er nicht weiter im Familienbetrieb arbeiten.

Seinen Lebensunterhalt verdient er deshalb zurückgezogen mit dem Schleifen von Linsen für Mikroskope und Ferngläser. Aufgrund von Morddrohungen wechselt er oft seinen Wohnort. Er konzentriert sich auf das Schreiben seines Hauptwerks "Die Ethik", an dem er von 1662 bis 1675 arbeitet. Seine religionskritischen Schriften können jedoch auch in den liberalen Niederlanden nicht zu seinen Lebzeiten veröffentlicht werden.

Prominente Anhänger in Deutschland

Spinoza stirbt am 21. Februar 1677 mit 44 Jahren in Den Haag und wird auf einem christlichen Friedhof beerdigt. Erst danach können seine Bücher ihre Wirkung entfalten. Sie bahnen der europäischen Aufklärung und Bibelkritik schon früh den Weg.

Aber erst rund 100 Jahre später finden seine Theorien auch in Deutschland Anhänger. Darunter sind Lessing, Goethe, Herder und Novalis. Der Bannfluch von 1656 gegen Spinoza besteht jedoch bis heute - trotz vieler Versuche, die Amsterdamer Synagoge zu einer Aufhebung zu bewegen.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Mehalat Simsek
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. November 2022 an Baruch de Spinoza. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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