Frühjahr 1932. Die Wahl zum Reichspräsidenten in der Weimarer Republik steht an. Am 15. Februar kündigt der hochbetagte Amtsinhaber Paul von Hindenburg - seit 1925 im Amt - seine erneute Kandidatur an. Sein Hauptgegner: Adolf Hitler.
Hindenburg besiegt Hitler im zweiten Wahlgang
Eigentlich will Hindenburg, der trotz der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg zu einer nationalistischen Kultfigur aufgestiegen ist, gar nicht mehr. Seit der Schlacht von Tannenberg 1914 wird der charismatische, väterliche Autorität ausstrahlende Feldmarschall verehrt wie einst der Kaiser, obwohl er die Schlacht gar nicht plant. Hindenburg verkauft den Sieg als seinen und befördert in den Folgejahren den Kult um seine Person.
Nach dem verlorenen Krieg ist es Hindenburg, der die "Dolchstoßlegende" vom angeblich unbesiegten Heer, das von linken Kriegsgegnern in Deutschland "von hinten erdolcht" worden sei, populär macht.
Zum Zeitpunkt der Wahlen 1932 ist er fast 85 Jahre alt. Immer öfter zieht er sich auf sein Gut in Ostpreußen zurück, verbringt Zeit mit Kindern und Enkeln, geht auf die Jagd.
Unterstützerbündnis für Wiederwahl
Seine Suche nach einem aus seine Ansicht geeigneten Nachfolger schlägt fehl, so tritt er noch einmal an, um die Gestaltungshoheit zu behalten. Nicht für die extremen Rechten, die sind völlig zerstritten und haben zwei eigene Kandidaten aufgestellt, Adolf Hitler und Stahlhelmmann Theodor Duesterberg. Stattdessen hat sich mitten in der Weltwirtschaftskrise ein breites Bündnis von Konservativen bis hin zur SPD für Hindenburg gebildet, um den "Führer" der aufstrebenden Nationalsozialisten zu verhindern.
Nur er könne den NSDAP-Chef besiegen, heißt es. Tatsächlich schlägt Hindenburg Hitler - zwar erst im zweiten Wahlgang, dann aber deutlich. Auf Hindenburg entfallen 53 Prozent, auf Hitler knapp 37 Prozent.
Hindenburg keine Marionette seiner Berater
Doch kein Jahr später ernennt Hindenburg Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler. Warum? Die These, dass der Reichspräsident Hitler an die Macht bringt, weil er angeblich senil und altersschwach und nur noch eine Marionette in den Händen seiner Berater und Einflüsterer ist, haben Historiker längst überzeugend entkräftet.
Hindenburg-Biograf Wolfram Pyta sagt: "Hindenburg ist jemand, der politisch gestalten will." Seine zentrale politische Vorstellung sei die Vorstellung einer "Volksgemeinschaft, die aber exklusiv ist". Dieses "nationalistische Projekt" schließe Sozialdemokraten und Kommunisten aus.
Und Hindenburg "möchte seine Nachfolger bestimmen", sagt der Historiker. "Das ist das Entscheidende. Hindenburg ist ein Herrscher, eine Herrscherfigur schon im Ersten Weltkrieg."
Am 2. August 1934 stirbt Hindenburg. Exakt eine Stunde nach dem Tod gibt die Regierung in Berlin bekannt: "Das Amt des Reichspräsidenten wird mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Infolgedessen gehen die bisherigen Befugnisse des Reichspräsidenten auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler über." Bei einer nachträglichen Volksbefragung kurz darauf stimmen 90 Prozent der Wähler der Zusammenlegung der Ämter zu.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Almut Finck
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Februar 2022 an die Wiederkandidatur von Reichspräsident Hindenburg. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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