Sie ist die zweite Frau, die nach dem Ersten Weltkrieg die Fluglizenz A2 erwirbt. Marga von Etzdorf ist erste Co-Pilotin der Luft Hansa, sie gehört zu den ersten Frauen mit Segelfluglizenz und sie fliegt als erste Frau der Welt allein von Berlin nach Tokio. Die Presse liebt sie - sie ist ein Star.
Nach Unfalltod der Eltern in die Obhut der Großeltern
Marga von Etzdorf wird am 1. August 1907 als Margarete Wolff in Spandau geboren. Sie ist vier Jahre alt, als ihre Eltern tödlich verunglücken. Margarete und ihre Schwester Ursula kommen in die Obhut der Großeltern nach Thüringen. 1920 nehmen die Schwestern deren Namen von Etzdorf an.
Die Liebe zur dreidimensionalen Freiheit
Schon als Kind liebt Marga den Sport, lernt Fechten, Reiten und Hockey. Ihre Liebe zum Fliegen entsteht während eines Rundflugs, den ihr ein Bekannter geschenkt hat. In ihrer Autobiografie schreibt sie:
Die wagemutige Kunstfliegerin
1930 kauft Marga sich von ihrem Erbe und mit Unterstützung der Großeltern ein eigenes Flugzeug, eine Junkers A 50 Junior. Sie lässt die Maschine knallgelb spritzen und nennt sie „Kiek in die Welt“.
Sie beginnt mit Werbe- und Kunstflügen, beherrscht besonders das Looping und den Rückenflug. All das im offenen Cockpit.
Spektakulärer Alleinflug nach Tokio
Dann wendet von Etzdorf sich den Langstrecken zu und fliegt von Berlin aus nach Madrid und Istanbul. Ihr spektakulärer Alleinflug nach Tokio in elf Flugtagen wird ihr größter Erfolg, obwohl sie auf dem Heimflug einen schweren Unfall erlebt.
Dem Triumph folgt das Fiasko
Tausende stehen am 29. August 1931 am Rollfeld und winken mit japanischen und deutschen Fähnchen. Es folgen Empfänge, Einladungen, Vorträge. Der kaiserliche Aeroclub Japans verleiht der Pilotin eine goldene Verdienstmedaille.
Marga von Etzdorf ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Doch der Rückweg wird zum Fiasko. In China sitzt sie wegen politischer Unruhen mehrere Monate lang fest. Dann folgt ein verhängnisvoller Absturz bei Bangkok, bei dem sie sich die Wirbelsäule verletzt und wochenlang ans Bett gefesselt ist.
Bruchlandung in Aleppo
Ohne ihr Flugzeug kehrt sie nach Hause zurück. Der Spitzname Pechmarie macht die Runde. Marga von Etzdorf braucht dringend ein neues aufregendes Ziel, und einen neuen Sponsor.
Sie will nach Kapstadt, aber als sie erfährt, dass ihre Konkurrentin Elly Beinhorn auch dort hinfliegen will, gibt sie den Plan auf. Stattdessen entscheidet sie sich für Australien. Nach langen Verhandlungen stellt die Firma Klemm in Böblingen ihr ein Flugzeug. Doch der Flug endet schon in Aleppo. Und kurz darauf auch ihr Leben.
Verbindungen zur Waffenindustrie
70 Jahre lang heißt es, Marga von Etzdorf habe sich aus Scham und Enttäuschung über die weitere Bruchlandung das Leben genommen. Die Luftfahrt-Historikerin Dr. Evelyn Crellin glaubt nicht, dass das der einzige Grund war und recherchiert in den Archiven.
Was sie entdeckt, wirft ein neues Licht auf den Tod der jungen Pilotin. Denn Marga von Etzdorf hat nicht nur die automatische Maschinenpistole der Marke Schmeisser im Gepäck, für die sie keine Genehmigung besitzt, sondern auch einen Waffenkatalog und eine Preisliste. Und einen belastenden Brief eines Angestellten der Rüstungsfirma Haenel.
Erfolg mit tödlichen Risiken
Den Deutschen sind solche Geschäfte seit dem Ersten Weltkrieg verboten. Für die Einfädelung illegalen Waffenhandels hätte Marga von Etzdorf ins Gefängnis gemusst.
Dass sie sich in Aleppo das Leben nimmt, wird lange als Zeichen der Scham über eine weitere Bruchlandung interpretiert.
Evelyn Crellin sieht sich dagegen nach ihren Recherchen in ihrer Annahme bestätigt, "wie verzweifelt Fliegerinnen wie Marga um die Finanzierung ihrer Flüge gerungen haben müssen, ja welche gewaltigen Risiken sie auf sich genommen haben, um erfolgreich zu sein."
Im Tod von den Nazis vereinnahmt
Aus Sorge vor diplomatischen Verwicklungen werden die Todesumstände verschwiegen.
Das macht die Bahn frei für die Vereinnahmung der toten Pilotin durch die Nazis mit einer pompösen Beerdigung mit Hakenkreuzfahne und Ehrenwache. Nur den Grabspruch hat die Pilotin selbst gewählt.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Maren Gottschalk
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 28. Mai 2023 an die Flugpionierin Marga von Etzdorf. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 29.05.2023: Vor 570 Jahren: Die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen.