Annika Ingenpaß hat momentan viel zu tun. Die Kreisläuferin vom TSV Bayer Leverkusen steckt mitten in den Kaderplanungen für die nächste Saison - denn die 28-Jährige ist seit einigen Wochen auch Sportliche Leiterin. "Die Kaderplanung ist das Hauptthema und wird noch einige Wochen dauern", sagt Ingenpaß im Gespräch mit dem WDR. "Jetzt einen Kader zusammenstellen, ist nicht einfach - andere Klubs machen das im November oder Dezember. Aber ich bin sehr positiv, dass wir das gut hinkriegen."
"Mir macht die Arbeit unglaublich viel Spaß"
Ingenpaß stammt aus einer Handballer-Familie und brennt für ihren Sport und den Verein. "Ich habe schon als Jugendliche hier gespielt und den Verein immer verfolgt", sagt Ingenpaß, die unter anderem auch schon für Metzingen, Bad Wildungen und Solingen auf der Platte stand.
Nach ihrem Sportökonomie-Studium habe sie überlegt, wie sie ihre berufliche Zukunft gestalten kann - als der Klub auf sie zukam und ihr die Doppelrolle anbot. "Durch den Weggang von Handball-Abteilungsleiter Andreas Thiel hat sich diese Chance ergeben. Leverkusen steht vor einer Neuausrichtung. Ich fand das spannend und habe mir gedacht: Das ist eine tolle Herausforderung und habe total Lust drauf", so Ingenpaß.
Neben ihrem Job als Spielerin und der Kaderplanung muss Ingenpaß sich nun etwa auch um Marketing, das Betreuen der Spielerinnen, die Sponsorensuche und die Spieltagsgestaltung kümmern. "Es ist recht breit gefächert. Das Spannende an dem Job ist, dass man viele Möglichkeiten hat, den Klub zu entwickeln", so Ingenpaß.
Das Alles unter einen Hut zu bringen, löst bei ihr keinen Stress aus. "Für mich ist das ganz einfach: Ich brenne für diesen Verein und möchte jede freie Minute daran arbeiten, dass wir hier weiterkommen", sagt die 28-Jährige. "Mir macht meine Arbeit einfach unglaublich viel Spaß. Und ich sehe diese Arbeit eigentlich auch nicht als Arbeit an. Ich habe zwischen Krafttraining und Halleneinheit Zeit, mich um den Rest zu kümmern", sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Schwierige Kaderplanung bei Bayer Leverkusen
Ihre Erfahrung als Spielerin bringt ihr auch Vorteile bei ihrer neuen Aufgabe. "Ich war schon bei vielen Vereinen und so konnte ich mir ein gutes Netzwerk aufbauen. Ich habe viele Leute kennengelernt, viele Sponsoren, Berater, Spielerinnen, ehemalige Spielerinnen. Ich kann mich an viele Ansprechpartner wenden bei der Kaderplanung, das ist ein Riesenvorteil. Und ich habe meinen Vertrag als Spielerin verlängert - eigentlich das beste Argument, das ich bringen kann", so Ingenpaß.
Und gute Argumente braucht sie. Denn bei der Kaderplanung weiß Ingenpaß noch nicht, ob ihr Team in der nächsten Saison auch wieder in der Bundesliga auflaufen wird. Seit 50 Jahren spielt der Klub dort, zwölf Meistertitel zieren den Briefkopf, doch die Erfolge liegen lange zurück. In dieser Saison liegt Leverkusen punkt- und sieglos am Ende der Tabelle, das es in den verbleibenden drei Hauptrundenspielen nicht mehr verlassen kann.
Doch in dieser Saison wird es nur einen Absteiger geben, der in Playdowns zwischen den Teams auf den letzten vier Plätzen ermittelt wird. So ist es möglich, dass Leverkusen den Klassenerhalt auch ohne einen einzigen Sieg in der Hauptrunde noch schaffen kann. Die Verlierer der "Halbfinal"-Playdowns spielen gegeneinander, der Verlierer der "Best of three"-Serie muss den Gang in die 2. Liga antreten.
Spiel gegen Zwickau als Generalprobe
In den entscheidenden Playdown-Spielen könnte es zum Duell mit dem BSV Sachsen Zwickau kommen, der zurzeit den vorletzten Platz belegt. Und gegen Zwickau geht es auch am Mittwoch (19 Uhr), im drittletzten Hauptrundenspiel der Saison. Das Hinspiel in Zwickau verloren die Werkselfen aus Leverkusen mit nur einem Tor Differenz (26:27) durch einen Treffer in letzter Sekunde.
"Das Spiel gegen Zwickau wollen wir als Generalprobe nutzen. Wir können schon einmal testen, wie es ist, zu Hause gegen diesen Gegner zu spielen", sagte Ingenpaß. "Wir können auf viele Sachen achten und einige vielleicht in den Playdowns dann anders machen. Im Hinspiel konnten wir uns viel Selbstvertrauen holen und wir wissen, dass wir eine Chance haben."
Dass es bisher in der Saison nicht lief, liegt auch am kleinen Kader. "Wir haben einen Kader mit zwölf Bundesligaspielerinnen, die anderen Klubs haben 16 - das macht es nicht einfacher. Trotz des kleinen Kaders kämpfen aber alle, geben nicht auf. Seit Saisonbeginn haben wir individuelle Fortschritte gemacht, das sieht man auch im Trainingsbetrieb. Wir müssen die Last aber immer auf wenige Schultern verteilen. Immerhin haben wir haben sehr wenige Verletzungen".
Nachwuchsförderung steht im Mittelpunkt
Unabhängig davon, ob der Klassenerhalt am Ende gelingt, rückt der Klub langfristig aber vor allem den Nachwuchs in den Fokus. "Wir sind ein Ausbildungsverein. Das zentrale Konzept der Elfen, das in dieser Saison schon angelaufen ist, ist die Jugendförderung. Auch mit Blick auf das Budget setzen wir schon jetzt auf junge Spielerinnen", sagt Ingenpaß. "Und man kann den Jugendspielerinnen Spielzeit gewährleisten, was wohl nicht alle Vereine von sich behaupten können."

Michael Biegler.
Ziel sei es, Talente zu fördern, "die dann Bundesliga-reif sind. Wir wissen, dass wir als eine Art Sprungbrett gelten. Wir haben mit Michael Biegler einen sehr engagierten Trainer, der auch in der kommenden Saison an unserer Seite steht. Wir haben viele A-Jugend-Spielerinnen, die in der nächsten Saison in den Leverkusener Seniorenbereich übergehen. Da sind wir wirklich stolz drauf", sagt Ingenpaß.
Die vorhandene Struktur mit etwa einem Bundesliga-A-Jugend-Team und einem Campus mit Internat sollen bestmöglich genutzt und junge Spielerinnen begeistert werden. "Die Zusammenarbeit zwischen der A-Jugend-Bundesliga und den Profis soll weiter eng sein - so, wir es bisher schon machen", sagt Ingenpaß.
Unsere Quellen:
- Interview mit Annika Ingenpaß