"Bevor ich damals das Territorium von Auschwitz betrat, hatte ich einiges von diesem Lager gehört", erinnert sich Alexander Woronzow, während des Zweiten Weltkriegs Kameramann der Roten Armee. "Aber all das, was ich dort gesehen und im Lager gefilmt habe, das war das Schrecklichste, was ich während des Großen Vaterländischen Krieges je gesehen und aufgenommen hatte." Als die sowjetischen Truppen am 27. Januar 1945 gegen 15 Uhr das größte deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager erreichen, finden sie nur noch knapp 8.000 lebende Häftlinge. Darunter sind auch Kinder.
Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1946 berichtet der festgenommene Kommandant des KZ Auschwitz, Rudolf Höss, über die Anfänge der Vernichtung: "Im Sommer 1941 wurde ich zum persönlichen Befehlsempfang zum Reichsführer-SS Himmler nach Berlin befohlen." Dieser habe ihm mitgeteilt: "'Der Führer hat die Endlösung der Judenfrage befohlen." Höss setzt die Anweisung zum industriellen Massenmord um. Erste Vergasungsexperimente finden in Auschwitz im Spätsommer 1941 statt. Rund 600 sowjetische Kriegsgefangene und 250 kranke Häftlinge werden in Keller gesperrt. Anschließend werfen SS-Offiziere das Schädlingsbekämpfungsmittel "Zyklon B" in die abgedichteten Zellen.
Musik übertönt die Schreie
Die Opfer werden mit Zügen aus ihren Wohnorten deportiert. "Es stand ein Arzt und ein Kommandant bei der Ankunft der Transporte an der Rampe und vor unseren Augen wurde sortiert", erinnert sich Anita Lasker, Häftling im KZ Auschwitz. "Rechts ist zum Leben, links zum Kamin." Wer bei der Selektion der sofortigen Vergasung und Verbrennung entgeht, muss Zwangsarbeit leisten oder wird Opfer medizinischer Versuche. In eigens eingerichteten Nebenlagern profitieren deutsche Industrieunternehmen von der Arbeitskraft der unterernährten Häftlinge. Jede Woche müssen sie weitere "Sortierungen" überstehen. Kranke und schwache Arbeiter werden getötet. "Wenn (...) zu viel Arbeit war, pflegte man, alle lebendig zu verbrennen", so Lasker. "Die Schreie hörten wir bis in unsere Baracken. Dazu wurde immer Musik gemacht."
Zur Arbeit in den Gaskammern werden KZ-Häftlinge gezwungen. Die sogenannten Sonderkommandos müssen die Leichen in den Krematorien verbrennen. Um keine Zeugen zu hinterlassen, werden diese Häftlinge im Abstand von drei bis sechs Monaten getötet. Nur wenige überleben. Einer von ihnen ist Shaul Chasan, dem ein SS-Hauptscharführer besonders im Gedächtnis geblieben ist: "Sein Sadismus kam in den Momenten zum Ausdruck, wenn er mit Müttern, die ins Gas gehen sollten, und ihren Kindern umherging und sich mit einem Lächeln auf den Lippen mit ihnen unterhielt, das Kind herzte, ihm eine Süßigkeit gab." Dann habe der SS-Mann das Kind zur Grube getragen und es lebendig ins Feuer geworfen.
Penibel geplant, effizient durchgeführt
Über eine Million Menschen sterben in Auschwitz. Zu den Opfern gehören neben Juden auch Homosexuelle, Sinti und Roma, russische Kriegsgefangene, politisch Verfolgte und polnische Intellektuelle. In vier Gaskammern und fünf Krematorien werden jeden Tag bis zu 10.000 Menschenleben ausgelöscht - penibel geplant und technisch effizient durchgeführt.
Anfang 1945 rückt die Rote Armee vor und nähert sich allmählich Auschwitz. Um die Spuren der Vernichtung zu verwischen, sprengt die SS Gaskammern und Krematorien. Akten werden vernichtet und die Lager weitgehend evakuiert. Rund 60.000 Häftlinge werden von der SS bei Schnee und eisiger Kälte zu Fuß nach Westen getrieben. Die wenigsten überleben diese Todesmärsche.
Stand: 27.01.2015
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