Offiziell heißt der Mann, der 28 Jahre lang sowjetischer Außenminister ist, Andrej Andrejewitsch Gromyko. Inoffiziell hat er mehrere Spitznamen. Manche nennen ihn "Grimgrom", weil er oft grimmig wirkt. Für andere ist er "Genosse Kalter Krieg".
Aber auch Gromyko ist nicht sein richtiger Name. Er wird am 18. Juli 1909 als Andrej Andrejewitsch Burmakow im weißrussischen Dorf Starije Gromyki geboren. Später leitet er - nach russischer Revolutionärstradition - seinen Tarnnamen von diesem Dorf ab. Aus Burmakow wird Gromyko.
Diplomat der UdSSR
Der Sohn eines Kleinbauern legt eine steile Karriere hin: Er tritt 1931 in die KPdSU ein, studiert in Minsk und erwirbt dort sein Diplom als Agrarökonom. Danach macht er seinen Doktor an der Akademie der Wissenschaften in Moskau mit einer Arbeit über die Wirtschaftspolitik der USA.
Als Amerika-Experte tritt Gromyko 1939 in den diplomatischen Dienst der UdSSR ein. Vier Jahre später schickt ihn Moskau als Botschafter nach Washington. 1946 wird er Vertreter der Sowjetunion im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
"Warme menschliche Züge"
Westliche Diplomaten nennen ihn bald "Mister Njet", weil die Sowjetunion fast jeden Beschluss mit einem Veto blockiert. Und dennoch: Gromyko, der nach Stalins Tod 1957 unter Chruschtschow Außenminister wird und es ohne Unterbrechung bis 1985 bleibt, gilt auch als kompetenter Ansprech- und Verhandlungspartner.
Die Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) - der "Wandel durch Annäherung" - funktioniert auch deshalb, weil Gromyko auf der anderen Seite des Verhandlungstisches sitzt. Im August 1970, als die Bundesrepublik und die UdSSR den deutsch-sowjetischen Vertrag unterzeichnen, lobt der damalige bundesdeutsche Außenminister Walter Scheel (FDP) Gromykos "sehr warme menschliche Züge".
Drei Jahre Staatsoberhaupt
Auch in seinem eigenen Land setzt Gromyko die Wende mit in Gang: Er gehört zu den Förderern Michail Gorbatschows. 1985 wird Gromyko Vorsitzender des Obersten Sowjet und damit de facto zum Staatsoberhaupt der UdSSR. Als es jedoch zunehmend Widerstand gegen Perestroika und Glasnost gibt, bildet Gorbatschow 1988 die Spitzengremien personell um - und Gromyko verliert seine Position.
Wenige Monate später stirbt Andrej Gromyko am 2. Juli 1989 im Alter von 79 Jahren in Moskau nach einer Gefäßoperation.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 19.07.2019: Vor 185 Jahren: Erste Pissoirs in Paris