In der Jülicher Börde, auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen, steht bis vor 40 Jahren der größte zusammenhängende Wald des Rheinlands. Heute klafft dort auf einer Fläche von 85 Quadratkilometern und bis zu 450 Meter tief das größte Loch Europas: der Braunkohletagebau Hambach.
Auf zwölf Raupenketten rollend fressen sich 95 Meter hohe Bagger in das Erdreich. Mit ihren Schaufelrädern bewegen die Riesenbagger jeden Tag rund 240.000 Tonnen – für jede Tonne Braunkohle das Sechsfache an Abraum. Die Züge der Hambach-Bahn schaffen die Kohle sofort in die nahe gelegenen RWE-Kraftwerke, die daraus 15 Prozent des in NRW verbrauchten Stroms produzieren.
Sechs Jahre bis zur ersten Kohle
Der Schock der Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre führt zu dem Beschluss, das auf 2,5 Milliarden Tonnen geschätzte Braunkohlevorkommen abzubauen. Nach zähem politischen Streit nimmt der erste Bagger von Rheinbraun (seit 2003 RWE Power) im Herbst 1978 den Betrieb auf – begleitet vom "Glückauf" des NRW-Wirtschaftsministers Horst-Ludwig Riemer (FDP).
Von Kohle ist zunächst nichts zu sehen. Sechs Jahre graben sich die Schaufelräder der weltweit größten Bagger nur durch Abraum. Hektar für Hektar Wald müssen dem Tagebau Hambach weichen, ebenso wie die Bewohner von teils Jahrhunderte alten Ortschaften. Ein weites Netz von Pumpanlagen saugt das Grundwasser auf.
In 150 Meter Tiefe, zwischen Sand, Kies und Ton, stoßen die Bergleute endlich auf die bis zu 70 Meter mächtigen Kohleflöze. Am 17. Januar 1984 fördern die Bagger erstmals Braunkohle zu Tage, die vor zwölf Millionen Jahren aus einem Urzeitwald entstanden ist.
Anti-Tagebau-Protest bis heute
Bewohnern der im Tagebau verschwindenden Orte bietet der RWE-Konzern eine neue Heimat in Retorten-Dörfern, Arbeit und Investitionen in Vereine. "Das war wirklich eine soziale Tat und hier im Umfeld hatten wir auch keine Gegner", lobt RWE-Ingenieur Erich Erben. "Das haben wir natürlich anders erlebt", widerspricht Rüdiger Sagel, Öko-Aktivist der ersten Stunde.
Protest begleitet den Tagebau von Beginn an. Bereits 1977 klärt eine Gruppe junger Wissenschaftler der RWTH Aachen mit dem Künstler Joseph Beuys die Region über die Schattenseiten des Tagebaus auf. Das, meint Sagel, habe vielen die Augen geöffnet und noch lange nachgewirkt.
Im Lauf der Jahre demonstrieren immer mehr Menschen gegen die Umweltschäden durch die Braunkohle-Verstromung. Zuletzt, im Herbst 2018, kommen 50.000 zum Hambacher Forst, um die Rodung der letzten zehn Prozent Wald zu verhindern.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. Januar 2019 ebenfalls an den Beginn der Braunkohleförderung im Tagebau Hambach. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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