"Dahinter steckt immer ein kluger Kopf" - der seit 1957 verwendete Werbespruch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zeugt von Selbstbewusstsein. "Wir versuchen einfach, jeden Tag eine gute Zeitung zu machen, die einigermaßen intelligent ist", sagt FAZ-Mitherausgeber Jürgen Kaube. Einen hohen Anspruch drückt bereits der Aufmacher der ersten FAZ-Ausgabe 1949 aus, er ist mit "Zeitung für Deutschland" betitelt. Dieser Anspruch hat Tradition: Im Kaiserreich und der Weimarer Republik gilt auch die Vorgängerin der FAZ- die "Frankfurter Zeitung" - als eines der renommiertesten Blätter des Landes.
Zum ersten Mal erscheint die "Frankfurter Zeitung" am 16. November 1866. Ihr Gründer Leopold Sonnemann ist nicht nur Bankier, sondern auch Demokrat. Sein Anliegen ist es, mit seinem Blatt einen freien Warenaustausch zu propagieren. "Im 19. Jahrhundert war Deutschland in zahlreiche wirtschaftliche Gebiete mit Zollschranken unterteilt", sagt der Medienhistoriker Peter Hoeres von der Universität Würzburg. "Mit dieser wirtschaftlichen Liberalisierungsagenda war eben auch eine politische verbunden." Deshalb gerät die Zeitung nach der Reichsgründung 1871 schnell in Konflikt mit der Obrigkeit und ist Repressalien ausgesetzt, weil es sich etwa gegen Otto von Bismarcks Sozialistengesetze wendet.
Für das Feuilleton schreiben namhafte Autoren
Schon in den 1870er Jahren warnt die "Frankfurter Zeitung" vor einem autoritären Kurs der deutschen Politik: "Mit vollen Segeln treiben wir in eine Epoche der Reaktion, von der man wohl den Anfang, nicht aber den Verlauf absehen kann!" Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg steht das Blatt in kritischer Solidarität zur Weimarer Republik und bekämpft die "Dolchstoßlegende" der Rechten. Die "Frankfurter" versteht sich als Zeitung neuen Typs, demokratisch geleitet von einer Redaktionskonferenz. Der Kulturteil steht gleichwertig neben den Ressorts Politik und Wirtschaft.
"Das Feuilleton war deshalb so maßgeblich in den 20er Jahren, weil es moderne Formen ausprobierte, wie etwa die Alltagsreportage im Stile der Neuen Sachlichkeit", sagt Professor Hoeres. "Es ist das intellektuell am meisten geachtete Blatt." Für die linksliberale "Frankfurter Zeitung" schreiben Autoren wie Bertolt Brecht, Hermann Hesse, Erich Kästner, Thomas Mann, Anna Seghers, Carl Zuckmayer und Stefan Zweig. Das stachelt den Hass der nationalen Rechten an. Adolf Hitler droht schon 1924 in "Mein Kampf" das "bürgerlich-demokratische Jugendblatt" zu schließen.
Goebbels lanciert Falschmeldung
Die "Frankfurter Zeitung" revanchiert sich am 31. Januar 1933, einen Tag nach der Machtübergabe, mit dem Satz: "Wir haben in diesem Augenblick, in dem Herrn Hitler die Kanzlerschaft des Deutschen Reiches übertragen worden ist, offen auszusprechen, dass er bis zur Stunde den Beweis menschlicher Qualifikation schuldig geblieben ist." Kurz darauf wird das Blatt "arisiert", die Enkel des Gründers, Kurt und Heinrich Simon, müssen gehen. Propagandaminister Joseph Goebbels gibt der Zeitung eine Sonderrolle. In ihren Zeilen darf manchmal Kritisches durchscheinen, um damit dem Ausland eine angebliche Pressevielfalt vorzugaukeln.
Im Sommer 1939 lanciert Goebbels in der "Frankfurter Zeitung" eine Falschmeldung über große Militärmanöver an der Westgrenze. Das lenkt das Ausland von den deutschen Angriffsvorbereitungen auf Polen ab. Erst 1943 macht er seine Ankündigung wahr und lässt die "Frankfurter Zeitung" verbieten - weil ihn ein Artikel persönlich ärgert. Selbst dann erscheint sie mit Rückendeckung des Propagandaministeriums noch einige Monate weiter. "Dann lag die Zeitung auf einmal wieder in Hitlers Pressemappe", sagt Medienhistoriker Hoeres. Weil einer wohl nicht aufgepasst habe. Hitler habe einen Wutanfall bekommen. "Das war das Ende der 'Frankfurter Zeitung'."
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 16. November 2016 ebenfalls an die Ersterscheinung der "Frankfurter Zeitung". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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