Jede Generation hat ihre exzentrischen Schauspieler. Heute sind es Charlie Sheen oder Johnny Depp, die mit Alkohol- oder Drogeneskapaden in die Schlagzeilen geraten. In den 60er- und 70er-Jahren war dafür neben anderen Peter O'Toole zuständig, der Star des Filmklassikers "Lawrence von Arabien".
Am Kamel festbinden oder betrinken?
Am 2. August 1932 kommt Peter O'Toole in Irland zur Welt. Das Markenzeichen des Schauspielers sind seine strahlenden blauen Augen. Mit ihnen kann er mehr mitteilen, als in jedem Drehbuch steht: Würde, Melancholie, Langeweile, Interesse oder Überheblichkeit.
Der Film "Lawrence von Arabien" macht O'Toole 1962 zum Weltstar. Er spielt den britischen Offizier Thomas Edward Lawrence, der mit den Beduinen gegen die Türken kämpft. Im weißen Kaftan und Kopftuch wirkt der schmale Schauspieler kraftvoll und feminin zugleich. Wäre er noch ein wenig hübscher, so heißt es damals, hätte der Film auch "Florence of Arabia" heißen können.
Die turbulenten Dreharbeiten in der Wüste begründen O'Tooles Ruf eines lebensfrohen, exzentrischen Stars. Als eine Massenszene mit hunderten Pferden und Kamelen ansteht, unterhält er sich mit Filmpartner Omar Sharif darüber, wie man diesen Tag am besten überstehen könne. "Er sagte: Ich werde mich am Kamel festbinden! Und ich sagte: Ich nicht. Ich werde mich betrinken!", erinnert sich O'Toole.
Gute Rollen formen gute Schauspieler
Tatsächlich wird er fast nie ohne ein Glas Whiskey oder eine Zigarettenspitze fotografiert. Ein Foto seiner selbst bei den Dreharbeiten zu "Lawrence von Arabien" kommentiert O'Toole später so: "Ich erinnere mich gut an ihn. Naja, er war ein bisschen laut und hat viel zu viel getrunken. Aber er war kein schlechter Kerl. Was auch immer er sonst noch war, dieser junge Mann – er war ein ganz ernsthafter Schauspieler. Und das mag ich."
Allerdings bringen ihn die Eskapaden erst in die Boulevardzeitungen, dann ins Krankenhaus, wo er am Magen operiert wird. Bald ist er ein Schrecken für jede Produktion. Nach einem Zusammenbruch ändert O'Toole sein Leben. Er gibt das Trinken und die Partys auf – und feiert ein Comeback als das Ausnahmetalent, das er ist. "Der Löwe im Winter" (1968), "Der letzte Kaiser" (1987), "King Ralph" (1991) oder "Troja" (2004): Er spielt Könige, Abenteurer, Engel, Alkoholiker – und legt in jede Rolle seine ganze Ausstrahlung, sein ganzes Können.
Gute Rollen würden gute Schauspieler formen, meint Peter O'Toole bescheiden. Insgesamt spielt er in mehr als 50 Filmen und Theaterstücken mit und wird acht Mal für den Oscar nominiert. Doch den Oscar für sein Lebenswerk lehnt er zunächst beleidigt ab.
Beim zweiten Mal nimmt er den Ehren-Oscar
"Ich will kein Ehrenirgendwas-Ding. Gebt mir eine Rolle, lasst mich was machen. Und wenn ich dann dafür belohnt werde: cool!", sagt er.
2003 nimmt er den Ehren-Oscar dann doch entgegen. Und bedankt sich auf seine eigene humorvolle Art: "Immer nur Brautjungfer und niemals die Braut – Mann! Jetzt habe ich meinen eigenen Oscar, bis der Tod uns scheidet." Es ist ein Abgang mit Stil, zehn Jahre vor seinem Tod im Dezember 2013.
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