Schauspieler könne man nicht mit normalen Maßstäben messen, sie seien ein bisschen verrückt, sagt Harald Juhnke. Mit Blick auf sein Achterbahn-Leben fügt er schelmisch hinzu: "Große Komödianten sind noch verrückter." Beweise dafür hat der "Frank Sinatra von der Spree" in seiner 50-jährigen Karriere reichlich geliefert.
Im Dezember 2001 muss Juhnkes Manager vor der Presse erklären: "Harald Juhnke ist unheilbar krank, sein Geist ist verwirrt, eine Heilung ausgeschlossen." Nach dem letzten von unzähligen Besäufnissen seines Lebens ist Deutschlands wohl vielseitigster Unterhaltungsstar endgültig in die Demenz abgeglitten.
Hallodri mit Schnodder-Charme
Als Harry Heinz Herbert Juhnke wird der Polizistensohn 1929 in Berlin geboren. Aufgewachsen im Wedding, macht er Abitur, schnuppert kurz bei einer Schauspielschule rein und steht 1949 erstmals auf der Bühne. Anfang der 50er Jahre wird der schlaksige Juhnke für den Film entdeckt.
In zahllosen seichten Kino-Lustspielen gibt er zum Vergnügen des Publikums den Hallodri mit Berliner Schnauze und Schnodder-Charme. Bei der Rollenwahl hätten ihn aber nur drei Fragen interessiert, gesteht der Lebemann Juhnke: "Wie hoch ist die Gage, wie hübsch sind meine Partnerinnen, und scheint am Drehort die Sonne?"
Süchtig nach Applaus und Anerkennung
Unermüdlich steht Juhnke vor der Kamera oder im Synchronstudio. Der Durchbruch im Fernsehen gelingt ihm 1977 als Komiker in der Sketch-Parade "Ein verrücktes Paar". Zwei Jahre später erklimmt er einen Gipfel der TV-Unterhaltung: Als Nachfolger von Peter Frankenfeld übernimmt er die große ZDF-Show "Musik ist Trumpf".
Applaus braucht Juhnke wie die Luft zum Atmen. Doch je mehr Anerkennung er erhält, umso größer wird die Angst zu versagen, und die betäubt er mit Alkohol. Die Sucht übernimmt zusehends die Regie über sein Leben: Er lässt Auftritte platzen, pöbelt in der Öffentlichkeit und verliert 1981 die Moderation von "Musik ist Trumpf".
Später Ruhm als Charaktermime
Die Medien weiden sich an Juhnkes Promille-Exzessen, doch das Publikum bleibt dem Stehaufmännchen treu. In den 90er Jahren fängt sich Juhnke wieder. Er brilliert in der Filmsatire "Schtonk", als Charaktermime in "Der Hauptmann von Köpenick" und in der Fallada-Verfilmung "Der Trinker".
"Du glaubst gar nicht, wie schön es ist, sich fallen zu lassen, ins Nichts, immer tiefer ins Nichts“, sinniert Harald Juhnke in "Der Trinker". Drei Jahre lebt er nach seinem Sturz ins Nichts noch in einem Berliner Pflegeheim. Dort stirbt er am 1. April 2005 im Alter von 75 Jahren.
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Stichtag am 01.04.2020: Vor 75 Jahren: Befreiung des Straflagers Stalag 326 in der Senne bei Stukenbrock