1943 wird Joseph Beuys als Bordfunker mit seinem Stuka-Flugzeug über der Krim abgeschossen. Tataren hätten ihn gefunden und mehrere Tage mit Fett bestrichen und in wärmendes Filz gewickelt, wird er später immer wieder behaupten: Deshalb wären diese beiden Materialien Hauptbestandteil seiner Kunst.
Recherchen in Wehrmachtsakten indes ergeben, dass Beuys bereits einen Tag nach dem Abschuss ins Lazarett kommt. Aber die Legendenbildung ist eigentlich nur konsequent: Für Beuys ist auch das Leben Kunst. Da darf man die eigene Biografie zur Legende verdichten.
Lehrer vieler Künstler
Geboren wird Beuys 1921 in Krefeld. Schon früh beobachtet, sammelt und zeichnet er Tiere, träumt von einer eigenen Herde. Später arbeitet er in einem Wanderzirkus. Nach dem Abitur kommt er zur Wehrmacht, der spätere Tierfilmer Heinz Sielmann bildet ihn zum Funker aus.
Nach 1945 beginnt Beuys in Düsseldorf ein Kunststudium. Später wird er Meisterschüler des Bildhauers Ewald Mataré, mit dem er über die Anthroposophie Rudolf Steiners diskutiert. Es folgen rastlose Sucherjahre, in denen Beuys Zuflucht im Elternhaus der Brüder van der Grinten am Niederrhein findet. Sie werden seine ersten Sammler.
Ab 1961 unterrichtet Beuys an der Kunsthochschule Düsseldorf, wo Jörg Immendorff, Felix Droese oder Blinky Palermo zu seinen Schülern zählen. Als er 1971 mit seinen Studenten das Sekretariat der Kunsthochschule besetzt, um für erleichterte Immatrikulationsbedingungen zu demonstrieren, wird er entlassen, später aber rehabilitiert.
Kann das weg?
Mit seiner Kunst stößt Beuys immer wieder auf Unverständnis. Eine von ihm mit Heftplastern und fettgetränkten Mullbinden ausgekleidete Babybadewanne wird als Bierkühler missbraucht, eine im Atelier der Düsseldorfer Kunstakademie hinterlassene "Fettecke" fällt einer Putzfrau zum Opfer.
1965 irritiert Beuys mit einer Performance, in der er einem Hasen durch eine Maske aus Gold und Honig hindurch "die Kunst" erklärt. Die Irritation hat Methode: Schließlich zielt sein Kunstbegriff gerade auf das Unerklärliche und damit Energiespendende der Kunst: "Die Kunst hat eben die Aufgabe der Erweckung kreativer Zentren, die im Menschen noch schlummern."
Die Erweckung geht bis ins Politische, das Beuys in sein Gesamtkonzept einer "sozialen Plastik" miteinbezieht. In den siebziger Jahren ist Beuys Gründungsmitglied der Grünen, für die er 1979 als Kandidat sogar fürs Europaparlament antritt – für ihn auch ein künstlerischer Akt.
Beuys stirbt am 23. Januar 1986, erst 65-jährig, in seinem Atelier in Düsseldorf.
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