2. Dezember 1909 - Marion Gräfin Dönhoff wird geboren

Stand: 02.12.2019, 00:00 Uhr

Ihr scheint ein beschauliches Leben sicher: Marion Gräfin Dönhoff wird am 2. Dezember 1909 auf Schloss Friedrichstein bei Königsberg geboren. Es ist der Stammsitz des über 800 Jahre alten deutschen Adelsgeschlechts. "Mein Vater war Mitglied des Preußischen Herrenhauses, meine Mutter war Palastdame der Kaiserin gewesen."

Als jüngstes von sieben Kindern hat Marion eine unbeschwerte Kindheit: "Wir spielten natürlich mit den Dorfkindern, waren dreckig von oben bis unten." Neben dieser bürgerlichen genießt die kleine Gräfin auch eine standesgemäße Erziehung - mit Etikette und Prunk.

Marion Gräfin Dönhoff, Publizistin (Geb. am 02.12.1909) WDR 2 Stichtag 02.12.2019 04:17 Min. Verfügbar bis 29.11.2029 WDR 2

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"Rote Gräfin"

Nach dem Abitur in einer Jungenklasse beginnt Dönhoff 1932, in Frankfurt am Main Volkswirtschaft zu studieren. Die Nazis lehnt sie ab: Nach der Machtübernahme reißt sie Plakate ab, die Dozenten als Juden und Linke anprangern.

"Einige bezeichnen mich gerne als 'Rote Gräfin', weil ich sehr viel Sinn auch für soziale und sozialistische Gedanken habe." Um einer Verfolgung zu entgehen, studiert sie in Basel weiter.

Doppelleben

1937 kehrt sie nach Deutschland zurück und übernimmt die Leitung von Schloss Friedrichstein und verwaltet die Familiengüter. Sie führt ein Doppelleben als regimetreue Gräfin und Widerstandskämpferin. Sie beteiligt sich am Widerstand unter Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Nach dem Attentat auf Adolf Hitler im Juli 1944 wird sie zwar verhört, kommt aber wieder frei. Als die sowjetischen Truppen Ostpreußen erreichen, flieht sie im Januar 1945 auf ihrem Pferd nach Detmold, wo sie Freunde hat.

Versöhnende Ostpolitik

1946 kommt sie durch Zufall zur Wochenzeitung "Die Zeit" in Hamburg. "Sie war sehr wissbegierig", sagt der frühere "Zeit"-Chefredakteur Theo Sommer. "Sie war sehr offen auch für andere Menschen." Aus der Schlossherrin wird eine weltberühmte Journalistin, Chefredakteurin und Herausgeberin.

Als Kritikerin von Kanzler Konrad Adenauer (CDU) tritt sie für eine versöhnende Ostpolitik ein. Kanzler Willy Brandt (SPD) lädt sie als Wegbereiterin seiner Politik ein, ihn im Dezember 1970 zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrages zu begleiten. Doch aufgrund ihres persönlichen Hintergrunds lehnt sie mit Bedauern ab.

"Zu lieben ohne zu besitzen"

Über ihre Verluste in Ostpreußen schreibt Marion Gräfin Dönhoff später: "Vielleicht ist dies der höchste Grad der Liebe: Zu lieben ohne zu besitzen."

Eine neue Heimat ist für sie über 50 Jahre lang die Redaktion der "Zeit". Sie stirbt am 11. März 2002 mit 92 Jahren auf Schloss Crottdorf bei Friesenhagen in Rheinland-Pfalz.

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