Portrait Amschel Mayer Rothschild

19. September 1812 - Mayer Amschel Rothschild stirbt in Frankfurt am Main

Stand: 19.09.2017, 00:00 Uhr

Geld, Einfluss, Macht - die Familie Rothschild ist für Antisemiten eine ideale Projektionsfläche. Neben "Jud Süß" und "Der ewige Jude" bringt NS-Propagandaminister Joseph Goebbels 1940 auch den Film "Die Rothschilds" in die Kinos. Darin wird Mayer Amschel Rothschild, der Begründer des gleichnamigen Bankhauses, als skrupelloser Jude dargestellt: "Viel Geld können wir nur machen mit viel Blut."

Doch die angebliche jüdische Weltverschwörung ist ein verlogener Mythos. Tatsächlich ist es so, dass Juden seit Jahrhunderten diskriminiert werden: Als Mayer Amschel Rothschild am 23. Februar 1744 in Frankfurt am Main geboren wird, leben die Menschen in der Judengasse enorm beengt. Abends werden die Tore des Ghettos verschlossen, die Schlüssel an die Stadtwächter übergeben.

Mayer Amschel Rothschild, Bankhausgründer (Todestag 19.09.1812)

WDR 2 Stichtag 19.09.2017 04:16 Min. Verfügbar bis 17.09.2027 WDR 2


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"Haus zum Rothen Schild"

Tagsüber dürfen Juden in der Stadt nur maximal zu zweit unterwegs sein. Die meisten Berufe sind ihnen verboten. So bleibt nur der Handel für sie, mit Waren und Geld. Um als Jude in Frankfurt ein dauerhaftes Wohnrecht zu haben, muss man ein Haus besitzen. "Diese große Bedeutung der Wohnhäuser hat dazu geführt, dass schon relativ früh Familiennamen daraus entwickelt worden sind", erklärt Fritz Backhaus vom Jüdischen Museum Frankfurt.

Mayer Amschels Familie bewohnt das "Haus zum Rothen Schild". Daher der Name Rothschild. Die Eltern schicken ihren Sohn nach Fürth zu einer jüdischen Hochschule. Dann wechselt er nach Hannover zur Ausbildung im Bankhaus der Oppenheims. Mit 20 Jahren macht sich Mayer Amschel selbstständig. Er handelt mit allem Möglichen. Parallel dazu übernimmt er Bankgeschäfte.

Münzhändler und "Hoffaktor"

In der Messestadt Frankfurt werden zur Messe Wechsel fällig - eine Art kurzfristiger Kredit. Mit solchen Wechseln lässt sich handeln. Wer Geld braucht, verkauft sie vorzeitig mit einem Abschlag, zum Beispiel an Mayer Amschel Rotschild. Er ist lange Zeit der einzige jüdische Münzhändler Frankfurts. Rothschild wird auch Hoffaktor - ein sogenannter Hofjude, der einen barocken Hof mit Luxusgütern versorgt.

1796 marschieren Napoleons Truppen in Frankfurt am Main ein. Rotschild schafft es, das vor den Franzosen versteckte Vermögen seines barocken Fürsten, dem Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel, nach England zu transferieren. In London sorgt sein Sohn Nathan dafür, dass es in englische Staatspapiere angelegt wird.

"Reich wie Rothschild"

Auch die vier anderen Söhne platziert Rotschild strategisch in Europa: Frankfurt, Paris, Neapel und Wien. Zusammen können die Brüder riesige Summen mobilisieren. Auf diese Weise finanzieren sie Großprojekte wie zum Beispiel den Eisenbahnbau und später den Suezkanal. Die Rothschilds werden die Banker der Industriellen Revolution. "Reich wie Rothschild" wird im 19. Jahrhundert ein geflügeltes Wort.

Die fünf Söhne bauen ein eigenes Agentennetz auf. Sie sind besser informiert als mancher Geheimdienst. "Banken müssen informiert sein: Wo lohnt es sich zu investieren?", erklärt Backhaus vom Jüdischen Museum Frankfurt. Zur Nachrichtenübermittlung seien damals auch Brieftauben eingesetzt worden.

Frankfurter Juden gleichberechtigt

Vater Mayer Amschel kümmert sich derweil um ein anderes Lebenswerk: die Befreiung der Frankfurter Juden. Ein Jahr vor seinem Tod schafft er die völlige Gleichberechtigung. Die Juden dürfen in Frankfurt das Ghetto verlassen und als Bürger leben.

Mayer Amschel Rothschild stirbt am 19. September 1812 mit 68 Jahren in Frankfurt am Main. Seine Söhne werden bald aufgrund ihrer geschäftlichen Verdienste geehrt: Der österreichische Kaiser Franz I. erhebt sie 1816 in den einfachen Adelsstand, 1822 werden sie Barone.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. September 2017 ebenfalls an Mayer Amschel Rothschild. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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