Ob in Wolfsburg, Rüsselsheim oder München: Während des Zweiten Weltkrieges werden in Deutschlands Autowerken keine Personenwagen mehr gebaut. Frauen, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter fertigen unter anderem Teile für Panzer, Bomberflugzeuge und Lastwagen - so auch bei Opel in Rüsselsheim.
Mitte 1944 bombardieren die Alliierten den Rüstungsbetrieb. "Bei diesem Angriff ist der Großteil von Opel in Trümmer gelegt worden", erinnert sich der spätere Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der damals mit seiner Mutter von einem Opel-Werkschutzmann aus einem brennenden Haus gerettet wird. "Der kam über die Straße durch den Bombenhagel und schlug mit einer schweren Axt die Tür entzwei."
Opel-Mitarbeiter starten Wiederaufbau
Nach Kriegsende kümmert sich das US-Unternehmen General Motors (GM) zunächst nicht um den Wiederaufbau seiner Tochterfirma. Das nehmen Opel-Arbeiter selbst in die Hand. Auch Blüms Vater hilft: "Als mein Vater vom Krieg zurückkam, hat er einen Werkslastwagen gefahren." Damit habe er Baumaterial geholt.
Der Betriebsrat leitet die Arbeiten. Dessen Chef ist der Kommunist Fritz Zängerle. Rüsselsheim gehört zur US-amerikanischen Besatzungszone. Die Militärregierung lässt im Opel-Werk zunächst Autos reparieren und führt Entnazifizierungsverfahren. "Aber ehrlich gesagt, sehr tief ist das nicht gegangen", erinnert sich Blüm.
Lastwagen und Kühlschrank
Immerhin dürfen Manager aus der Nazi-Zeit wie Heinrich Nordhoff und Heinrich Wagner bei Opel nicht mehr arbeiten. Aber zur Rechenschaft gezogen werden sie nie. Nordhoff wird später Chef bei VW, Wagner bei Daimler.
Mitte 1946 ist das Werk so weit aufgebaut, dass das Lkw-Vorkriegsmodell Opel Blitz und ein Kühlschrank produziert werden kann. Doch es gibt auch Rückschläge: Die Produktionsanlagen für den Vorkriegs-Kadett werden abgebaut und als Reparationsleistung in die Sowjetunion gebracht.
General Motors steigt wieder ein
General Motors bereitet zwar die Rückkehr nach Deutschland vor. Noch organisieren allerdings die Arbeiter in Rüsselsheim alles selbst. Entsprechend stolz sind die rund 8.000 Opelaner, als am 28. Dezember 1947 der erste Opel Olympia vom Band läuft - Opels Bestseller aus der Vorkriegszeit.
Es dauert fast noch ein Jahr, bis General Motors wieder die Regie übernimmt. Den meisten Opel-Mitarbeitern sei klar gewesen, dass sie es ohne GM nicht schaffen würden, sagt Blüm, der 1949 eine Lehre bei Opel begonnen hatte. "Man brauchte ja Geld, um wieder aufzubauen."
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 29.12.2017: Vor 65 Jahren: Erstes Transistor-Hörgerät kommt auf den Markt