Die Wahl von Pierre Elliott Trudeau zu Kanadas Premierminister löst 1968 einen Hype aus. Von "Trudeaumania" ist die Rede. Die Familie des politischen Newcomers verbindet die zwei Seiten Kanadas. "Er stammte aus einer Familie aus Montreal, die zum einen französisch-kanadische und zum anderen schottisch-kanadische Wurzeln hatte", sagt Professor Martin Kuester von der Universität Marburg.
Trudeau triff den Zeitgeist: "Kanada muss eins sein, Kanada muss progressiv sein - und Kanada muss eine gerechte Gesellschaft sein." Der "Kennedy von Montreal" präsentiert sich betont locker. "Er ist als erster in Sandalen im Parlament aufgetreten", so Wissenschaftler Kuester. Als Chef der Liberalen sei er 1968 in einem Hotel das Geländer runtergerutscht.
Politische Blitz-Karriere
Der am 18. Oktober 1919 in Montreal geborene Jura-Professor macht eine politische Blitz-Karriere: 1965 Abgeordneter, zwei Jahre später Justizminister. Dann tritt Premierminister Lester Pearson zurück und der 48-jährige Trudeau wird sein Nachfolger.
Er ist mit einer ernsten Situation konfrontiert: Im französischsprachigen Québec kämpft die "Front de Libération du Québec" (FLQ) gewaltsam für Unabhängigkeit und entführt zwei Politiker. In der "Oktoberkrise" lässt Trudeau 1970 das Kriegsrecht verhängen. Einer der Entführten wird von den Separatisten ermordet.
Aura von Aufbruch
Trotzdem umgibt Trudeau in den Anfangsjahren eine Aura von Aufbruch. Dazu trägt auch sein Privatleben bei: 1971 heiratet er die fast 30 Jahre jüngere Margaret Sinclair. Ähnliche viele Schlagzeilen macht 1977 die Trennung. Da ist Trudeau schon zwei Mal wiedergewählt worden.
Allerdings ziehen sich wirtschaftliche Probleme durch die Ära Trudeau - trotz seines Mottos "Reason before Passion" ("Vernunft vor Leidenschaft"). Dafür verschafft Trudeau dem Land außenpolitisch Geltung. Zu Kuba unterhält er gute Beziehungen, die USA hingegen hält er stärker als gewohnt auf Distanz.
Fast 16 Jahre im Amt
1979 wird Trudeau abgewählt. Er kündigt seinen Rückzug an. Aber als im Jahr darauf Neuwahlen ausgerufen werden, kandidiert Trudeau wieder und kehrt an die Staatsspitze zurück - und geht noch mal ein Großprojekt an: eine Verfassungsreform.
1984 tritt er zurück: "Ich mag meinen Job. Aber ich mag auch Philosophie, wilde Flüsse herunterpaddeln, Kunst, Frauen." Am 28. September 2000 stirbt Pierre Trudeau in Montreal. Die Trauerrede hält sein ältester Sohn Justin - der 15 Jahre später ebenfalls Premierminister wird.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 18. Oktober 2019 ebenfalls an Pierre Trudeau. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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