New Yorks Immobilienspekulanten müssen Ende der 1970er Jahre einen Adrenalinschock erlitten haben. "The Big Apple" ist dermaßen pleite, dass Bürgermeister Ed Koch eine Schließung des Central Park zur Disposition stellt. Mit der 350-Hektar-Oase aus Bäumen, Wiesen und Seen kämen sechs Prozent der Fläche Manhattans in teuerster Lage unter den Hammer!
Das einzigartige Flair der weltberühmten Parkanlage ist längst verschwunden. New York hat schon lange kein Geld mehr, um sein grünes Schmuckstück vor dem Verfall zu bewahren. Wenn Paul Simon abends von seinem Appartement direkt am Park hinunterblickt, sieht der Weltstar nur noch einen düsteren und verwahrlosten Hot Spot der Kriminalität. "Es war ein Ort, der Angst machte", sagt Iven Milstein, Sprecher einer Bürgerinitiative, die sich für die Erhaltung des über 100 Jahre alten Parks einsetzt.
Comeback nach elf Jahren Trennung
Engagierte New Yorker machen gegen die Schließung mobil. Sie gründen die Central Park Stiftung, um finanzstarke Privatleute als Spender zu gewinnen. Als Paukenschlag wird Paul Simon gebeten, mit seinem langjährigen Partner Art Garfunkel ein Gratiskonzert im Park zu geben. Beide sind waschechte New Yorker, ihrer Heimatstadt eng verbunden und sagen zu. Die Sensation ist perfekt: Elf Jahre nach dem Ende von Simon & Garfunkel soll das legendäre Folkrock-Duo wieder auf der Bühne stehen. Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung von Simons Songwriter-Genie und Garfunkels glockenhellem Gesang keimen auf, Hoffnungen auf mehr großartige Pop-Balladen wie "The Sound of Silence", "Mrs. Robinson" oder "Bridge Over Troubled Water".
Art Garfunkel bricht seinen Urlaub in der Schweiz ab und "fühlt sich wie ein Schwimmer, der aufs Wasser guckt und endlich reinspringen will". Paul Simon dagegen hadert schwer mit seiner Zusage. Schließlich hatte seine Trennung von Art, mit dem er schon als Zwölfjähriger befreundet war, ihre Gründe: "Ich habe immer gern mit Artie gesungen. Ich komme nur einfach nicht mit ihm klar." Dazu nagen Eheprobleme und der Misserfolg seines letzten Projekts stark an seinem Selbstvertrauen. Nun bleiben gerade drei Wochen, um mit Garfunkel die alten gemeinsamen Hits und seine neuen Songs einzustudieren - für Simon eine Horrorvorstellung. Eine Wiedervereinigung auf Dauer, das steht für ihn fest, wird es nicht geben. Zu weit klaffen ihre musikalischen Vorstellungen auseinander.
Publikum begeistert – Central Park gerettet
Bereits am frühen Morgen des 19. September 1981 sichern sich die ersten mit Picknickkörben ausgerüsteten Fans die besten Plätze. Obwohl es immer wieder regnet, versammeln sich bis zum Abend unglaubliche 500.000 Zuhörer auf dem "Great Lawn", dem großen Rasen. Die Konzertansage übernimmt ausgerechnet Bürgermeister Ed Koch, der den Central Park aufgeben wollte. Begleitet von einer handverlesenen elfköpfigen Band eröffnen Simon and (statt &) Garfunkel ihre heiß erwartete Reunion mit "Mrs. Robinson" aus dem Film "Die Reifeprüfung". Reporter Wolfram Goertz von der "Rheinischen Post" ist live dabei und schwärmt noch 25 Jahre später von der einzigartigen Stimmung im Park: "Die schiere Wiederhörensfreude, es war Gedächtnisfeier und Auferstehung in einem."
Nach 21 Songs und etlichen Zugaben werden die Stars mit tosendem Applaus verabschiedet. Paul Simon ist trotzdem überzeugt, einen miserablen Auftritt geboten zu haben. "Erst als ich im Fernsehen die Berichte sah und dann die Titelseiten aller Zeitungen – da erst habe ich es langsam verstanden." Die Musikkritik überschlägt sich vor Begeisterung und sowohl als Live-Album wie als Film-Doku spielt "The Concert in Central Park" Millionen ein. Bis heute zählt es zu den herausragendsten Live-Events der Popgeschichte – und hat sein Ziel erreicht: Der Central Park erwacht zu neuem Leben. Dank großzügiger Spenden kann er in den 80er Jahren umfassend saniert werden. "Es ist wahrscheinlich der demokratischste Ort in New York", meint die Park-Kuratorin Regina Perucci. "Die Menschen dieser Stadt haben den Central Park gerettet und seither arbeiten sie gemeinsam daran, ihn zu erhalten."
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