Udo Lindenberg in der DDR

6. Januar 1990 - Start der DDR-Tournee von Udo Lindenberg

Stand: 06.01.2020, 00:00 Uhr

"Ich freue mich, dass ich wie in der Bundesrepublik so jetzt auch hier in der DDR die Möglichkeit habe, gegen die Kamikaze-Rüstung zu singen." Das sagt Rocksänger Udo Lindenberg, als er im Oktober 1983 den Berliner Grenzübergang Invalidenstraße passiert.

Jahrelang hat sich Lindenberg mit seinem "Panikorchester" vergeblich um ein Konzert in Ostdeutschland bemüht. Jetzt hat ihn FDJ-Chef Egon Krenz zum Festival "Rock für den Frieden" eingeladen. Für das kommende Jahr ist Lindenberg eine Tournee durch die DDR fest zugesagt worden.

Einreiseverbot statt DDR-Tournee

Der Grund für den Meinungsumschwung des Regimes ist der Nato-Doppelbeschluss, den der Bundestag im November 1983 absegnen will. Die SED will Lindenberg propagandistisch ausnutzen. Aber der Sänger äußert sich weder anti-amerikanisch noch pro-sowjetisch. Außerdem macht er seinem Unmut Luft, dass seinem Auftritt rund 4.500 linientreue FDJ-Mitglieder lauschen dürfen, während seine wahren Fans draußen frieren.

Das Regime schlägt zurück: Die zugesicherte Tour wird abgesagt, Lindenberg erhält für die Zukunft Einreiseverbot. Allein der Besitz von Lindenberg-Platten kann zur Festnahme führen.

Doch Lindenberg gibt nicht auf. Er schickt Honecker eine abgetragene Lederjacke – ein "versifftes Teil aus dem Ruhrpott-Gully", wie er der Presse verrät. Honecker revanchiert sich betont locker mit einer Schalmei. Hinsichtlich der Tournee bleibt die DDR-Spitze weiterhin hart.

Ein Traum geht in Erfüllung

Erst nach dem Mauerfall ist es soweit: In Suhl startet Lindenberg mit seinem Panikorchester am 6. Januar 1990 seine Reise durch Ostdeutschland. Leipzig, Halle, Rostock und Schwerin sind weitere Stationen. Stundenlang stehen die Fans Schlange, um für 38 Mark ein Ticket zu ergattern. "Für mich geht durch die DDR-Tournee mein größter Traum in Erfüllung", bekennt Lindenberg sichtlich gerührt.

"Das ist ein großer Tag auch für mich als Privatmensch, nach all den Klemmigkeiten mit eurem Oberfuzzi Honecker", sagt Lindenberg, als er in Suhl die Bühne betritt. Bei den Songs "Mädchen aus Ostberlin" und "Horizont" blitzen Wunderkerzen und Feuerzeuge auf. Seinen inzwischen schon berühmten Hit "Sonderzug nach Pankow" spielt Lindenberg in einer leicht variierten Version: "Der Whisky, der ist sehr lecker, den trinken wir jetzt ohne den Erich Honecker."

Eine DDR-Tournee ist es trotz des Mauerfalls übrigens immer noch: Erst neun Monate später geht der Arbeiter- und Bauernstaat offiziell in der Bundesrepublik Deutschland auf.

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 6. Januar 2020 ebenfalls an die DDR-Tournee Udo LIndenbergs. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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