"Wenn ich ein Schiff hätte, das Voltaire hieße, ich würde ein Piratenschiff daraus machen!" Der Franzose François-Marie Arouet, der sich im Juni 1718 den Namen Voltaire gibt, hat ein starkes Selbstbewusstsein. Als Vordenker der Aufklärung verspottet er während des Absolutismus Monarchie, Kirche und Moral. Nach Ansicht seines Vaters, einem wohlhabenden Notar, bringt er jedoch "nichts als Unsinn" zustande.
Der am 21. November 1694 in Paris geborene Arouet widersetzt sich gern Autoritäten: "Ich muss als König denken, leben und sterben!" Obwohl ihm sein Vater eine juristische Karriere aufzwingen will, hält er an seinem Ziel fest, Schriftsteller zu werden. Schon früh fällt er durch seine spitze Feder auf. "Man bestraft die Verse, die ich hätte machen können, eher als die, die ich gemacht habe", schreibt er später.
In die Provinz verbannt
1716 bekommt Arouet Ärger mit Herzog Philipp von Orléans, der anstelle des minderjährigen Thronerben Ludwig XV. die Regierung übernommen hat. Dessen ausschweifendes Geschlechtsleben sorgt für Skandalgeschichten. Ein Gerücht besagt, er habe ein Verhältnis mit seiner Tochter, Marie-Louise de Berry, und diese habe ein Kind mit ihm. "Endlich hast du, schöne Herzogin von Berry, dich von dem allgemeinen Vorurteil befreit", heißt es in einem satirischen Gedicht.
Als anonymer Verfasser wird Arouet identifiziert. Er bestreitet allerdings die Autorenschaft: "Von mir? Niemals! Ich protestiere!" Da der Dichter seine Unschuld nicht beweisen kann, ordnet Philipp von Orléans dessen Verbannung in die Provinz an. Von dort aus versucht Arouet die Gunst des Regenten mit gereimten Schmeicheleien zurückzugewinnen - und bezeichnet den Herzog von Orléans als "Liebling der Götter, Stütze des Volkes". Nach ein paar Monaten wird die Verbannung aufgehoben.
Intermezzo als Hofdichter
Kaum zurück in Paris gibt Arouet öffentlich zu, das ihm zugeschriebene Gedicht tatsächlich verfasst zu haben. Außerdem bringt er eine Satire in Umlauf, die die Missstände unter König Ludwig XIV. benennt: "Als ein Knabe König war, ein Mann, dem Blutschande und Giftmord zur Last gelegt wurden, als die Regierung unbeständig war und die Kassen leer ..."
Philipp von Orléans reagiert mit einer Verfügung. Arouet wird am 16. Mai 1717 verhaftet und für elf Monate in die Bastille eingekerkert: "Da bin ich nun am Ort der Verzweiflung, ohne Schlaf, warm trinken, kalt essen, von allen verraten!" Nach seiner Freilassung 14. April 1718 will Arouet keine Spottverse mehr über Philipp schreiben, sondern sein Hofdichter sein. Der Herzog von Orléans willigt ein und zahlt ihm eine jährliche Apanage. Doch lange geht das nicht gut. Aus Arouet wird Voltaire - und er landet 1726 ein zweites Mal in der Bastille, bevor er nach England ins Exil geht.
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