Hatte man - bestens unterhalten - einen Abend mit Matthias Beltz gedanklich überlebt, dann war klar, wo der Zug der Zeit stetig hinzockelt: "... von der Hoffnungslosigkeit über die Verzweiflung direkt zur Trostlosigkeit". So furztrocken hat der Großmeister des Hirnkrepierers unser aller (un)-ausweichlichen Fahrplan beschrieben. Bei Beltz machte Mitdenken fast masochistisch Spaß! Der so bieder wirkende Oberhesse verlegte seine zynischen, oft vernichtenden Pointen perfide knapp unter der Oberfläche - wie Tretminen, irgendwo zwischen freundlichem Geplauder. War man gedanklich endlich drauf getreten, da grinste er einem längst wieder aus flinken Knopfaugen mit lauernder Gemütlichkeit ins Gesicht. Und genoss, wie die vor ihm sich mental nicht einig wurden, ob sie nun amüsiert oder betroffen sein wollten. Eigene Gewissheiten wurden bei ihm subtil gesprengt.Dabei war Beltz nie verletzend; seine ehrliche Absicht war stets aufklärerisch. Die subversivsten Scherze erlaubte er sich deshalb mit seinen eigenen Leuten - Deutschlands Linken. Der studierte Jurist Beltz gehörte zum Urgestein der "berüchtigten" Frankfurter Szene. Arbeitete sechs Jahre bei Opel am Band, besetzte in den 70er Jahren Häuser, suchte mit Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit in Frankfurt "unterm Pflaster den Strand". Er konnte problemlos tagsüber agitieren und abends mit Konservativen Skat spielen; dafür wurde er von "der Linken" zunehmend als Abweichler rechts liegen gelassen.
Beltz war weiter, hatte längst erkannt, "dass das Proletariat tatsächlich nicht auf uns gewartet hat". In "Karl Napps Chaos Theater" startet er 1976 seine Kabarett-Karriere, gründet 1989 mit dem "Tigerpalast" das erste moderne Varieté der Nachkriegszeit und bietet uns 1991 in der ARD tabufrei seinen "Nachschlag". Mit seinen Soloprogrammen räumt er jeden Kabarett- und Kleinkunstpreis von Wert ab. Heute wäre Matthias Beltz, teuflisch schlau und herzensgut, gerade mal 60 geworden. Vor drei Jahren, am 27. März 2002, kurz vor einem Auftritt, ist er in Frankfurt völlig überraschend an Herzinfarkt gestorben. Keine Pointe, leider.Stand: 31.01.05