Die Soldaten langweilen sich. In 3.000 Metern Höhe gibt es kein Radio und keine Frauen, nicht einmal eine Zeitung. Aber eine Gitarre und eine Mundharmonika gibt es da oben in den Bergen im Schweizerischen Engadin. Und es gibt einen jungen Soldaten namens Vico Oxens, der nicht nur eine schöne Stimme hat. Der gelernte Kellner, Koch und Konditor nutzt auch die Zeit, um die vorhandenen Instrumente zu erlernen und seine Kameraden mit Liedern aus der Heimat bei Laune zu halten.Als der am 21. September 1920 in Genf geborene Oxens nach zwei Jahren Militärdienst vom Berg wieder herunter steigt, hat er den Grundstock gelegt für eine beispiellose Film-, Fernseh- und Musikkarriere. Es folgt eine Zwischenphase als Gitarre spielender Oberkellner im Zürcher Restaurant "Bolognese" und ein Gesangsengagement im Hotel der Eltern seiner späteren Frau Evelyn in Basel. Dann mutiert der Mann aus den Schweizer Bergen als Vico Torriani zu Deutschlands beliebtestem Italiener. Mit Hits wie "Bella Bella Donna" und "Addio Donna Gracia" schickt er das Nachkriegspublikum auf die Reise ins Land südländischer Frauen. Und in exotischere Fernen: "Kalkutta liegt am Ganges" tönt in den sechziger Jahren aus fast jeder Jukebox. Das Erfolgsrezept aus fröhlicher Unbeschwertheit und schnulzigem Charme mundet den deutschen Konsumenten. 20 Millionen verkaufte Platten sind der Dank. Die von Torriani besungenen "Caprifischer" erreichen noch 1981 Platz eins der "Schönsten Melodien der Welt". Seine Rolle in "Gitarren der Liebe" (1954) und sein Part als Eseltreiber in dem Film "Santa Lucia" (1956) locken Hunderttausende in die Kinos.
1959 erhält Torriani mit "Grüezi, Vico" seine erste Fernsehshow. In der von ihm konzipierten Unterhaltungssendung "Hotel Victoria", die zehn Jahre lang erfolgreich läuft, serviert der Ex-Kellner mit dem seidig-samtenen Timbre gesungene Rezepte. "Man nehme pro Person 180 Gramm vom Rind / Weil die Filets vom Rind / Hier für unseren Zweck die besten sind. / Das Fleisch kommt aus Brett und die Prozedur beginnt / Tralalalala", schmettert Torriani begeisterten Hausfrauen in die guten Wohnstuben. In den neunziger Jahren zieht sich der Entertainer aus gesundheitlichen Gründen immer mehr aus dem Showbusiness zurück. Er stirbt 1998 im Alter von 77 Jahren in seiner Villa Solario in Agno im Tessin.Stand: 21.09.05