"Meine Freude ist die Melancholie, meine Ruhe sind die Qualen. Die Liebesflamme ist erloschen, die Seele ist kahl." Mit diesen dürren Worten bilanziert der 71-jährige Michelangelo Buonarroti im Januar 1547 sein Leben. Vor fünfzig Jahren hat er in Rom die Piéta und in Florenz den David aus Marmor gemeißelt. In vier Jahren schuf er die Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle, in weiteren drei Jahren das "Jüngste Gericht". Werke, die in 500 Jahren unerreicht geblieben sind.Und doch liegen noch mehr als 17 Jahre und sechs weitere Päpste vor dem gequälten Genie. Als 'architectus' wird Michelangelo das jahrzehntelange Chaos beim Bau der neuen Peterskirche beenden und die Basis schaffen, auf der sie überhaupt jemals vollendet werden kann. Mit dem Entwurf der Kuppel von St. Peter krönt Michelangelo sein Lebenswerk. Die Vollendung der frei schwebenden Cupola mit einem Durchmesser von 42 Metern erlebt er nicht mehr.
Schon als kleiner Junge, 1475 in Caprese geboren, zeichnete Michelangelo Stunden lang Skizze um Skizze. Mit 13 Jahren nahm ihn der Florentiner Domenico Ghirlandaio in seine Künstlerwerkstatt auf, wo er in Rekordzeit die Tricks der Freskomalerei erlernte. Die Bekanntschaft mit Lorenzo de' Medici, dem Fürsten von Florenz, entschied endgültig über den Erfolg von Michelangelos Karriere. Als man den jungen Künstler dann aufforderte, sich eines ungenutzt herumliegenden Marmorblocks anzunehmen, meißelte Michelangelo daraus den monumentalen David. Die Piéta, die er 1498 begann und zwei Jahre später dem vor Staunen starren Publikum präsentierte, machte den 23-Jährigen über Nacht berühmt. Von nun an kämpfte der von Selbstzweifeln getriebene Perfektionist sein Leben lang gegen Intrigen und rieb sich im Streit mit Päpsten und Konkurrenten auf. Zynisch und verbittert starb Michelangelo am 18. Februar 1564 in Rom; weltberühmt, aber so einsam, wie er sein ganzes Leben lang geblieben war.Stand: 06.03.05