Helmut Kohl mit Michail Gorbatschow 1990

Stichtag

16. Juli 2005 - Vor 15 Jahren: Helmut Kohl bei Michail Gorbatschow: Weg zur deutschen Einheit frei

Der 16. Juli 1990 ist ein Sonntag. Bundeskanzler Helmut Kohl ( CDU) und der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow treffen sich in Moskau. Anlass des Vier-Augen-Gesprächs ist der Streit über eine mögliche  NATO-Zugehörigkeit von Gesamtdeutschland. Der Vereinigung der  DDR mit der  BRD hat Gorbatschow bereits bei einem Kanzler-Besuch im Februar zugestimmt. Am Sonntagnachmittag fliegen die beiden Staatsmänner in den Kaukasus. Die Gespräche werden in lockerer Atmosphäre fortgesetzt: Kohl trägt eine Strickjacke, Gorbatschow einen Pullover. Einen Tag später verkünden sie den Durchbruch: Zum Zeitpunkt der Vereinigung soll Deutschland "seine volle und uneingeschränkte Souveränität" erhalten.

Der Weg zur deutschen Einheit beginnt schwierig, weil die Chemie zwischen Kohl und Gorbatschow anfangs nicht stimmt. Schuld sind Kohls Äußerungen über Gorbatschow im Oktober 1986, abgedruckt im amerikanischen Wochenmagazin Newsweek: "Er ist ein moderner kommunistischer Führer, der sich auf Öffentlichkeitsarbeit versteht. Goebbels, einer derjenigen, der für die Verbrechen der Hitlerzeit verantwortlich war, war ebenfalls ein Experte in Öffentlichkeitsarbeit." Gorbatschow verlangt eine Entschuldigung. Doch Kohl leugnet. Er habe das nie gesagt. Also eine Fälschung? Newsweek lässt das nicht auf sich sitzen und veröffentlicht den Mitschnitt. Der Originalton lautet: "Das ist ein moderner kommunistischer Führer, der war nie in Kalifornien, nie in Hollywood, aber der versteht etwas von  PR. Der Goebbels verstand auch etwas von  PR. Man muss doch die Dinge auf den Punkt bringen!"

"Er hatte mich mit Goebbels verglichen", ärgert sich Gorbatschow noch 10 Jahre später. Bei der Behandlung der deutschen Frage habe das bewirkt, dass Kohl "ganz am Ende der Schlange der vielen Staatsmänner stand, die darauf erpicht waren, sich mit Gorbatschow zu treffen." Die Basis für das erfolgreiche Treffen im Juli 1990 ist zuvor in Bonn geschaffen worden: "Ich war mit Gorbatschow gar nicht gut, vom Ursprung. Ich habe auch eine sehr dumme Aussage über ihn gemacht", sagt Kohl später. Erst nach einer nächtlichen Aussprache in Bonn im Sommer 1989 gibt es "einen ersten menschlichen guten Kontakt", so Kohl. "Da waren wir ganz allein unten am Rhein auf der Mauer gesessen und haben erzählt."
Stand: 16.07.05