"Zar Peter war ein Barbar, aber immerhin ein Barbar, der Menschen geschaffen, Städte gegründet und Meere durch Kanäle verbunden hat", schreibt Voltaire. "Er hatte große Fehler, aber wurden sie nicht wettgemacht durch die Vielzahl von Plänen, die er für die Größe seines Landes entwarf und von denen er manche verwirklichte?" Peter der Große ist schon zu Lebzeiten umstritten. Er will Russland modernisieren – mit Ideen aus Europa. "Er wollte Deutsche und Engländer aus ihnen machen, als es Not tat, Russen aus ihnen zu machen", meint Jean-Jacques Rousseau.Peter I. wird am 30. Mai 1672 geboren. Als spätgeborener Sohn aus zweiter Ehe ist er zunächst nicht für die Zarenwürde vorgesehen. Es wird weder auf seine Manieren noch auf seine Bildung Wert gelegt. Seine Kindheit endet mit einem Trauma: Zehn Jahre alt ist er, als die Elitetruppe der Strelitzen den Kreml stürmen und seine Verwandten massakrieren. Verstört und von Misstrauen gekennzeichnet, besteigt Peter den Zarenthron. Bis er 18 Jahre alt ist, regiert seine Halbschwester für ihn, dann reisst er die Macht an sich."Regulieren, policieren, civilisieren"1697 reist der Zar unter dem Decknamen Peter Michailow nach Westen. Doch er bleibt nicht anonym. Mit seiner Körpergröße von 2,04 Meter ragt er leicht erkennbar aus der Gruppe der 250 Adligen heraus, die ihn begleiten. Im preußischen Königsberg lernt er den Kanonenbau. In Amsterdam heuert er auf einer Werft als Schiffsbauer an. In England lässt er sich in die Astronomie einweihen und erforscht die Neuheiten der Medizin. Nach 18 Monaten hat der Zar genug gesehen. Er kennt nun Mikroskope, Barometer, Münzen und Zahnzangen. Für ihn ist klar, Russland liegt in seiner Entwicklung Jahrzehnte zurück und muss aufholen: "Wir wollen Russland regulieren, policieren, civilisieren."
Zurück in Russland geht Peter der Große brutal und rücksichstlos vor. Für ihn gibt es "zweierlei Untertanen, nämlich verständige und wohlgesinnte, aber auch unverständige und boshafte, die meine guten Absichten nicht einsehen, noch erkennen". Er reformiert von der Kirche bis zum Staatsdienst alles, was Tradition hat. Den Adligen schneidet er - zum Teil eigenhändig - die Bärte ab und lässt sie europäische Kleider tragen. Peters Antwort auf Widerstand ist grausam: Seinen Sohn Aleksej lässt er zu Tode foltern, weil er ihn der Verschwörung verdächtigt. Unter Peter dem Großen wird das russische Reich zu einer der stärksten Weltmächte. Er führt 21 Jahre lang Krieg und baut sein Imperium immer weiter aus. 1721 nimmt er - zusätzlich zur Bezeichnung Zar - den Kaiser-Titel an. Vier Jahre später, am 8. Februar 1725, stirbt Peter der Große im Alter von 52 Jahren an einer Harnwegsinfektion. Seine zweite Frau, Katharina I., herrscht nach seinem Tod über Russland.Stand: 08.02.05