Die unfassbare Nachricht erschüttert ganz Italien: Fausto Coppi, il Campionissimo, gerade 40 Jahre alt, ist tot. Gestorben an einem nicht erkannten Virus, mit dem sich der perfekteste Radsportler seiner Zeit während einer Afrika-Reise infiziert hat. Genau 43 Jahre später druckt der "Corriere dello Sport" einen Bericht, nach dem Coppi damals absichtlich vergiftet worden ist – Spekulationen um ein nationales Idol, einen Mann, den die Italiener noch heute zu ihren Allergrößten zählen.Von klein auf ist der Bauernsohn aus dem Piemont ein Rad-Verrückter. Sein Profi-Debüt gibt Fausto Coppi 1940 beim Klassiker Mailand – San Remo; es wird der Auftakt einer unvergleichlichen Karriere: Noch im selben Jahr gewinnt er erstmals den Giro d’Italia, vier weitere Titel folgen in den kommenden Jahren, dazu die Siege bei der Tour de France 1949 und 1952, und, als Höhepunkt, der Gewinn der Straßenweltmeisterschaft 1953. "Coppi, wie ein Bogen gekrümmt über dem Lenker, ist ein höherer Mechanismus, eine Maschine aus Fleisch und Beinen", schreibt der Sportjournalist Gianni Brera.Seit 1945 ist Coppi mit Bruna Ciampolini verheiratet und Vater einer Tochter. Der Reiher, wie Coppi wegen seiner Körperhaltung genannt wird, ist mittlerweile Millionär und genießt nahezu grenzenlose Verehrung. Seine Landsleute liegen dem im Umgang mit Fans und Medien unsicheren, aber bescheidenen Idol zu Füßen. 1948 verliebt er sich in Giulia Locatelli und lebt fortan in "wilder Ehe" mit ihr. Das Bekanntwerden der Liaison mit der "Dame in Weiß" 1953 trifft Coppi auf dem Zenit seiner Karriere. Der folgende Skandal spaltet die öffentliche Meinung im tief katholischen Italien. Das Paar muss jahrelang Anfeindungen ertragen, Coppi wird sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Je mehr sein sportlicher Stern sinkt, umso härter wird in den Schlagzeilen auf ihn eingeprügelt.
Die Nachricht von seinem plötzlichen Tod bewahrt das Idol davor, vom Sockel gestürzt zu werden. Italien nimmt seinen verlorenen Sohn wieder auf. An seinem Sterbebett hat die Geliebte zuvor Öffentlichkeit und Kirche versprechen müssen, Coppi im Falle seiner Genesung zu verlassen. Sonst wären dem Sünder die Sterbesakramente vorenthalten worden.
Stand: 02.01.05