Stichtag

03. Mai 2005 - Vor 50 Jahren: Einführung des Zahlenlottos beschlossen

Jeder vierte in Deutschland geht regelmäßig zur Lottoannahmestelle - und kauft sich ein Stück Hoffnung. Doch die Chancen stehen schlecht. Die Möglichkeit, den begehrten Jackpot zu knacken, liegt bei eins zu 140 Millionen. Dennoch ist der Traum vom großen Lottogewinn schon alt: 1643 werden in Genua aus einer Liste mit 90 Namen fünf Senatoren für den Stadtrat ausgelost. Die Bürger wetten darauf - geboren ist "5 aus 90". Unter dem Namen "Lotto", italienisch für Glücksspiel, verbreitet es sich schnell in Europa. Ende des 18. Jahrhunderts grassiert in Deutschland ein solches Lottofieber, dass das Spiel verboten wird.Erst die knappen Kassen der Nachkriegszeit verhelfen dem Lotto zum Comeback: Am 3. Mai 1955 beschließt die NRW-Landesregierung, eine staatlich kontrollierte Lotterie zu veranstalten. Der Westfale Lothar Lammers und der Rheinländer Peter Weiand entwickeln "6 aus 49". Ihre Erfindung wird ein Volltreffer - zunächst im Land, bald auch bundesweit. Mittlerweile bringen Lotto, Toto und andere Glücksspiele jährlich 1,5 Milliarden Euro in die Landeskassen. Deshalb besteht wenig Interesse, den "Staatsvertrag zum Lotteriewesen" sonderlich ernst zu nehmen. Denn dieser verlangt, "übermäßige Spielanreize" zu verhindern. Bernd Willers von der Westlotto-GmbH verteidigt die Lottowerbung: "Wir heizen den Spieltrieb nicht an. Im Gegenteil: Es ist festgelegt, dass nach einem siebenwöchigen Aufbau eines Jackpots dieser Jackpot zwangsausgeschüttet wird." So sei im März 2005 der bisher höchste Einzelgewinn aller Zeiten - 20,4 Millionen Euro - an einen Taubenzüchter aus dem Ruhrgebiet gegangen. In den vergangenen 50 Jahren habe es fast 1.500 Euro-Millionäre gegeben.

Immer, wenn der Jackpot lockt, bescheren die Tipper den Lottogesellschaften Rekordumsätze. So wird das öffentliche Glückspiel-Angebot weiter ausgedehnt: Lotto per Internet, Lotto per SMS, dazu künftig ein geplantes "Quicky"-Onlinespiel in Gaststätten, bei dem alle drei Minuten eine Ziehung stattfinden soll. Doch diese Strategie könnte zum Eigentor werden. Der europäische Gerichtshof hat 2003 entschieden: Ein staatliches Lotterie-Monopol ist nicht zu rechtfertigen, wenn der Staat seine Bürger zum Glücksspiel animiert, statt sie davor zu schützen. Als Folge könnte Brüssel schon bald die Privatisierung des höchst lukrativen deutschen Glückspiel-Marktes fordern.


Stand: 03.05.05