Vor Claus Hinrich Casdorff und seinen Fragen haben Politiker, Medienchefs und Wirtschaftsbosse Angst. Wenn der Gründer des Polit-Magazins "Monitor" sein Gegenüber gemeinsam mit seinem Kollegen Rudolf Rohlinger in die Mangel nimmt, scheint es, als könne er ihm tief in seine Seele blicken. "Man hatte ein bisschen Schiss vor der Sendung", gesteht Kurt Biedenkopf (CDU). Denn wer sich auf die "Kreuzfeuer" genannten Interviews von "Monitor" einlässt, weiß nicht, ob in der Hitze des Wortgefechts nicht schon bald die Maske bröckelt. So geht es Franz Josef Strauß (CSU), der wegen der "Überfallfragen" des Duos sichtbar ins Schwitzen gerät. Heinrich Lübke (CDU) tritt lieber erst gar nicht an. Als Casdorff anfragt, zieht er sich ins Schneckenhaus politischer Unantastbarkeit zurück. "Sie wissen wohl nicht, dass Sie mit Ihrem Souverän sprechen", so der Bundespräsident am Telefon. Am 21. Mai 1965 geht "Monitor" als eines der ersten Polit-Magazine im deutschen Fernsehen auf Sendung. Seitdem schreibt es so etwas wie die schwarze Chronik der Bundesrepublik. Wo immer Skandale lauern, sind seine Reporter schon vor Ort – und halten sich mit subjektiven Kommentaren keineswegs zurück. "Manipulateure" nennt Heiner Geissler (CDU) die Journalisten von "Monitor" deshalb. Und Theo Waigel (CSU) wirft Casdorffs Nachfolger Klaus Bednarz gar plumpe, mit öffentlich-rechtlichen Mitteln finanzierte Meinungsmache vor: "Die einzige Möglichkeit, dem abzuhelfen, ist, das Gehalt von Herrn Bednarz zu streichen und den Kerl endlich zum Teufel zu jagen." Bednarz bleibt, und als er 2001 schließlich abtritt, steht Sonja Mikich schon bereit, um die Tradition des unbequemen Hinterfragens fortzusetzen.
Auf seine bewusst wertende und subjektive Art ist das "Sturmgeschütz des WDR" (Die Welt) sich auch nach 40 Jahren treu geblieben. "Wir sind ein Meinungs-Magazin", sagt Mikich. "Wir sind nicht die Nachrichten." Das hätte Casdorff wohl kaum anders formuliert.
Stand: 21.05.05