"'Mein Kampf' ist stinklangweilig", sagt Geschichts-Professor Jost Dülffer von der Universität Köln. "Hitler war als Redner zweifellos besser als als Schreiber." Das Buch ist schlecht aufgebaut und hat keinen Spannungsbogen. Langatmige und sich wiederholende Gedankengänge dehnen sich in umständlichen Bandwurm-Sätzen über 782 Seiten aus. Das halten nur wenige Leser durch.
Doch trotz des schlechten Stils ist die Hetzschrift nicht wirkungslos geblieben. Im Gegenteil: Das Buch sei damals so erfolgreich gewesen, "weil es überhaupt nicht mehr gelesen werden musste", sagt der Kulturwissenschaftler Hermann Glaser. Denn "Lebensgefühl und Weltanschauung" sehr vieler Deutscher hätten mit Hitlers Programm von vornherein übereingestimmt.
Samstagabend ist Vorlese-Stunde
Hitler selbst hat seine literarische Leistung 1938 durchaus kritisch bewertet: "Ich bin kein Schriftsteller." Das Buch sei "eine Aneinanderreihung von Leitartikeln für den 'Völkischen Beobachter'", aber "selbst dort würde man sie aus sprachlichen Gründen nur ungern annehmen". Allerdings: "Inhaltlich möchte ich nichts ändern." Hitler diktiert seine Monologe 1924 zunächst seinem Chauffeur Emil Maurice und später seinem persönlichen Sekretär Rudolf Heß. Hitler sitzt wegen seines Putschversuchs in der Festungshaftanstalt in Landsberg am Lech. Als Vorzugshäftling braucht er nicht zu arbeiten und hat Zeit für sein Buch. Samstagabend ist Vorlese-Stunde: Hitler trägt seinen miteinsitzenden Kameraden die neuen Kapitel vor.
Der erste Band erscheint am 18. Juli 1925. Der zweite folgt eineinhalb Jahre später. Ab 1930 werden beide Bände in einer bibelähnlichen Volksausgabe herausgegeben. Das Buch wird in 16 Sprachen übersetzt. Bis 1945 erreicht die Gesamtauflage rund zehn Millionen Exemplare, die nicht nur verkauft werden: Brautpaaren wird das Buch auf dem Standesamt überreicht.
"Beengtheit des Lebensraumes"
In "Mein Kampf" spricht Hitler den Juden und anderen gesellschaftlichen Gruppen, die er zum Ziel seines Hasses erklärt hat, das Menschsein ab: "Ratten, Parasiten, Schmarotzer, schädliche Bazillen, Ungeziefer". Er kündigt den geplanten Eroberungskrieg an: Aus der "Beengtheit des Lebensraumes" des deutschen Volkes entstehe "das moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das Schwert, und aus den Tränen des Krieges erwächst für die Nachwelt das tägliche Brot." Auch die Gaskammern nimmt Hitler vorweg: Hätte man während des Ersten Weltkrieges "zwölf- oder fünfzehntausend dieser hebräischen Volksverderber so unter Giftgas gehalten, wie Hunderttausende unserer allerbesten Arbeiter aus allen Schichten und Berufen es im Felde erdulden mussten, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen."
Nach dem Zweiten Weltkrieg übertragen die Alliierten die Urheber- und Verwertungsrechte des Buches auf den Freistaat Bayern. Gegen Nachdrucke geht der Freistaat mit allen rechtlichen Mitteln vor.
Stand: 18.07.2005