Eine Frauenrechtlerin, eine anonyme Spenderin und ein Biochemiker bringen die Pille ins Rollen: 1951 übergibt die amerikanische Feministin Margret Sanger dem Biochemiker Gregory Pincus einen Scheck über 50.000 Dollar. Zweckbestimmung der Spende einer reichen Unbekannten: Pincus soll ein Mittel erfinden, das Frauen die Verhütung leicht macht und ihnen so eine selbstbestimmte Sexualität ermöglicht. Ein Medikament gegen Schwangerschaft könnte Schluss damit machen, "dat der Storch des Damokles ständig überm Dach schwebt", wie der Ruhrpott-Komiker Jürgen von Manger es ausdrückt.
Pincus experimentiert mit über 200 Substanzen. Er will den natürlichen Vorgang nachahmen, der im Körper der Frau den Eisprung bis auf einen Tag im Monat verhindert. 1953 entdeckt sein Team die richtige Hormonverbindung, testet sie zunächst an Tieren, dann an Frauen in den Slums von Puerto Rico und Haiti. Bis zur Marktzulassung vergehen noch Jahre: Am 18. August 1960 kommt das Präparat "Enovid 10" in den USA auf den Markt. Vier Jahre später schlucken bereits zwei Millionen Amerikanerinnen die Pille.
Die Pille zusammen mit Studentenrevolte und Aufklärungswelle bringt die sexuelle Revolution. Allerdings gibt es Gegner dieser gesellschaftlichen Nebenwirkung. Sie erreichen, dass Schering sein Präparat in den USA als Medikament gegen Menstruationsbeschwerden deklariert und nur verheirateten Frauen empfiehlt. Papst Paul VI. verbietet 1968 in seiner Enzyklika "Humanae vitae" die künstliche Empfängnisverhütung. Viele gläubige Katholikinnen folgen ihm darin allerdings nicht. Umstritten bleibt die Pille auch wegen ihrer medizinischen Nebenwirkungen: Gewichtzunahme und geringere sexuelle Lust, Übelkeit und das Risiko von Schlaganfall und Krebs. Aber die Pille ist unschlagbar sicher: Statistisch treten nur zwei ungewollte Schwangerschaften auf, wenn sich 1.000 Frauen ein Jahr lang auf sie verlassen. Diesen Wirkungsgrad erreicht keine andere Verhütungsmethode. Deshalb nehmen heute schätzungsweise 60 bis 80 Millionen Frauen weltweit die Pille.
Frei und unbelastet durch die Pille fühlt sich vor allem der Mann. Um die Last der Verhütung gerechter zu verteilen, fordern Feministinnen seit langen die Pille "für ihn". An einem Hormonimplantat wird geforscht. Angeblich soll es 2010 zu kaufen sein.
Stand: 18.08.05