Erstaunlich früh entdeckten die Menschen, dass Nähen zu praktischer Kleidung verhilft. Nähnadeln mit Öhr aus Knochen und Walrosszähnen, die in bewohnten Höhlen des Paläolithikums gefunden wurden, beweisen das. Bei diesen Utensilien blieb es dann für lange Zeit. In den nächsten 40.000 Jahren war Nähen nahezu unverändert reine Handarbeit. Erst 1755 versucht der in England lebende Deutsche Karl Friedrich Weisenthal als Erster, eine nähende Maschine zu konstruieren. 45 Jahre später, am 17. Juli 1790, gelingt es dem Londoner Tischler Thomas Saint erstmals, ein arbeitsfähiges Gerät zum Patent anzumelden. Praktische Verwendung findet aber weder Weisenthals noch Saints Wunderwerk.Auch im übrigen Europa grübeln Mechaniker über Maschinen, die die lästige Handarbeit revolutionär beschleunigen sollen. Unter ihnen ist Balthasar Krems aus Mayen in der Eifel einer der bedeutendsten. Um 1800 konstruiert er eine Kettenstich-Nähmaschine, die 300 bis 350 Stiche pro Minute erledigt. Eine geübte Schneiderin schafft mit der Hand etwa 30. Als erster "Nähmaschinen-Fabrikant" der Welt darf der Franzose Barthélemy Thimonnier bezeichnet werden. Sein ab 1830 in Serie gebautes Modell wird sofort von der Militärverwaltung eingesetzt. Die Grande Armée braucht neue Uniformen. Die arbeitslos gewordenen Schneider sind wenig begeistert. Sie stürmen die Fabrik, zerstören die Maschinen und verjagen Thimonnier aus Paris.
Der größte Entwicklungsschritt gelingt zwei Männern aus Boston/USA. Nach sieben Jahren Tüftelei erhält der mittellose Mechaniker Elias Howe 1846 ein Patent für die bis dahin modernste Nähmaschine. Doch weil interessierte Fabrikanten einerseits vor dem hohen Preis von 300 Dollar, andererseits vor den Drohungen organisierter Schneider und Näher zurückschrecken, ist auch Howes Karriere bereits vor dem Start am Ende. Verzweifelt sucht er samt Familie in England sein Glück, nur um zwei Jahre später noch ärmer wieder nach Amerika zurückzukehren. In New York angekommen, entdeckt Howe in den Schaufenstern "seine" Nähmaschine. Hersteller und Patentinhaber ist ein anderer Mechaniker aus Boston: Isaac Merritt Singer, der künftige Nähmaschinen-Tycoon. Howe klagt gegen Singer wegen Patentverletzung – und bekommt Recht. Bis zu seinem Tod 1867 kassiert der ehemals bettelarme Mechaniker über 4.000 Dollar Lizenzgebühren – wöchentlich.
Stand: 17.07.05