Als Tochter äußerst wohlhabender Eltern 1820 geboren, besitzt Florence Nightingale nicht gerade die Voraussetzungen, einmal als Leiterin eines Frontlazaretts und energische Sozialreformerin in die Geschichte einzugehen. Doch für standesgemäße Beschäftigungen einer "höheren Tochter" der viktorianischen Zeit hat sie nichts übrig. "Ich hasste die Vorstellung, für immer an die Konventionen der besseren Gesellschaft gebunden zu sein", erinnert sie sich später. Von Kindheit an kreisen ihre Gedanken um den Wunsch, kranke Menschen zu pflegen - zu einer Zeit, als sich ausschließlich Frauen der untersten Schichten um Kranke kümmern. 1851 lässt sich Florence in der Diakonissenanstalt des jungen Pastors Theodor Fliedner in Kaiserswerth bei Düsseldorf zur Krankenpflegerin ausbilden. Zurück in London studiert sie alle erreichbaren Quellen über das Krankenhauswesen und erkennt die überragende Bedeutung der Hygiene.Durch Zeitungsartikel wird Florence Nightingale auf den Krimkrieg und das unsägliche Leid der verwundeten Soldaten in den Lazaretten aufmerksam. Als der englische Kriegsminister sie 1854 bittet, die Organisation in den Lazaretten der englischen Truppen am Bosporus zu übernehmen, ist sie bestens vorbereitet. Wenige Tage später schifft sich Florence mit 37 Pflegerinnen ein. Was die Frauen in den kilometerlangen Gängen der zum Lazarett umfunktionierten Kasematten von Scutari an Elend und Schmutz erwartet, übersteigt die schlimmsten Befürchtungen. Innerhalb weniger Monate sorgt Florence Nightingale mit ihren Helferinnen für hygienische Verhältnisse, liebevolle Betreuung der Kranken und dringend benötigtes medizinisches Material. Tausenden kann sie so das Leben retten. Von den Soldaten wird sie als "Lady with the lamp" verehrt. Nachts macht sie als Letzte mit einer kleinen Lampe ihre einsamen Rundgänge. Schließlich erkrankt sie selbst schwer. Für ihre Rückkehr wird ein Kriegsschiff bereitgestellt. Florence Nightingale aber reist auf eigene Faust heim und trifft, obwohl inzwischen europaweit bekannt, unerkannt in London ein.
In den folgenden Jahren kämpft Florence Nightingale leidenschaftlich gegen die sozialen Missstände in ihrem eigenen Land. Im Range einer Staatssekretärin reist sie nach Indien und installiert dort erfolgreich ein System zur Seuchenbekämpfung. Die letzten Lebensjahrzehnte verbringt Lady Nightingale, als Nationalheldin verehrt, kränkelnd auf dem Sofa. Der "Engel der Krim", den Henri Dunant 1872 in einer Rede als eigentliche geistige Urheberin des Roten Kreuzes bezeichnet, stirbt am 13. August 1910 in London.
Stand: 12.05.05