"Da stand ich also vor diesem grauen Himmel und der Schneedecke, offene Tore des KZ - und alles das, was man sich in diesen langen Nächten zusammengeträumt hat, war gar nicht vorhanden", erinnert sich der ehemalige Häftling Kurt Hacker an die Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 durch Soldaten der Roten Armee. "Es war tiefe Trauer, hier zu sein, nicht zu wissen, wie es weitergeht." In den Baracken des Lager-Komplexes vegetieren noch 7.500 kranke, transportunfähige Häftlinge. Sie sind zurückgelassen worden, als kurz zuvor 60.000 Gefangene zu Fuß in Richtung Westen getrieben wurden. Die wenigsten überleben diese Todesmärsche in der Winterkälte.
Vier Gaskammern, fünf Krematorien
Schon bei der Ankunft der Häftlinge im größten Vernichtungslager des Deutschen Reiches lässt die SS keinen Zweifel daran, was die Gefangenen erwartet: "Ihr seid hier nicht ins Sanatorium, sondern in ein deutsches Konzentrationslager gekommen, aus dem es keinen anderen Ausgang gibt als durch den Schornstein des Krematoriums", sagt SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch beim Appell. Auch noch nach der Befreiung hängt ein süßlicher Brand- und Verwesungsgeruch über dem leer geräumten Lager. Es sind keine Leichenberge zu sehen wie in Buchenwald, keine abgemagerten Gefangenen wie in Dachau. In Auschwitz mit seinen über 40 Nebenlagern war die Vernichtung gründlicher: Vier Gaskammern und fünf Krematorien löschten jeden Tag bis zu 10.000 Menschenleben aus - keine Leichen, keine Rückstände.
Mehr als eine Million Tote
Organisator des industriealisierten Massenmordes ist der Lagerkommandant von Auschwitz, SS-Hauptsturmführer Rudolf Höß, ein kühl kalkulierender Technokrat des Todes. Im Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal sagt er: "Die angelieferten Personen wurden durch zwei SS-Ärzte auf Arbeitsfähigkeit geprüft. Die arbeitsfähigen Häftlinge marschierten sofort nach Auschwitz, beziehungsweise nach dem Lager Birkenau, und die nicht arbeitsfähigen wurden zuerst in die provisorischen Anlagen und später dann in die neu erbauten Krematorien gebracht." Mehr als eine Million Menschen sterben in der Todesfabrik Auschwitz - buchhalterisch penibel geplant und technisch effizient durchgeführt. Unter den Opfern sind vor allem Juden, aber auch Polen, Sinti und Roma, russische Kriegsgefangene sowie Häftlinge aus 20 weiteren Ländern.
Stand: 27.01.05