Ein Sozialdemokrat hatte am 9. November 1918 die Republik ausgerufen: Philipp Scheidemann. Ein Sozialdemokrat ist ihr erster provisorischer Regierungschef: Friedrich Ebert. Denn die SPD hat 1919 die Wahl zur Nationalversammlung gewonnen, sie koaliert mit dem katholischen Zentrum und der liberalen "Deutschen Demokratischen Partei" (DDP), - eine konservativ-linke Mehrheit der Mitte führt bei der Weimarer Verfassung die Feder.1920 zieht die Weimarer Republik nach Berlin, in den Reichstag. Rechte Putschisten und linke Revolutionäre haben ihr den Start so schwer wie möglich gemacht. Die parlamentarische Demokratie ist nicht beliebt. Kommunisten wie Nationalisten beschimpfen sie als Schwatzbude, als Herrschaft des Parteiengezänks. Prompt verliert die Weimarer Koalition am 6. Juni 1920 die ersten Reichstagswahlen. Stimmengewinne verzeichnen die rechtsradikalen Deutschnationalen (DNVP) und die linke USPD, eine Abspaltung von der Sozialdemokratie. Nur weil die Extreme einander nicht berühren wollen, kommt es erneut zu einer Regierung der Mitte: DDP, DVP (Deutsche Volkspartei) und Zentrum bilden eine liberal-konservative Koalition und wählen Konstantin Fehrenbach zum Reichskanzler. Er steht einer Minderheitsregierung vor, abhängig von wechselnden Mehrheiten im Parlament.
Schon ein Jahr später tritt Fehrenbach zurück: Er findet keine Mehrheit für seine Politik der Aussöhnung mit den Westmächten, den Siegern des Weltkriegs. In ihren ersten vier Jahren sieht die junge Republik sechs Regierungschefs kommen und gehen. Bis zur Machtergreifung Hitlers werden es fünfzehn Kanzler sein, in nur vierzehn Jahren. Die erste deutsche Demokratie krankt von Anfang an an dem Problem, das ihr den Untergang bringt: am Mangel an Demokraten.
Stand: 06.06.05