Deutschland hinkt hinterher: In der Schweiz gibt es schon in den 60er Jahren eine Rheuma-Liga. In Ländern wie Holland, Dänemark oder Norwegen ist die Behandlung und Unterstützung von chronisch Kranken außerhalb der Krankenhäuser und Arztpraxen breit ausgebaut: Krankengymnasten kommen nach Hause, aber auch Selbsthilfegruppen und Nachbarschaftsnetzwerke unterstützen die Patienten im Alltag. Diese Modelle sind das Vorbild für die Deutsche Rheuma-Liga, die am 9. Dezember 1970 in Frankfurt gegründet wird.Rheuma ist ein Sammelbegriff für diverse entzündliche und degenerative (also Körpersubstanz abbauende) Erkrankungen der Gelenke. Je nachdem, wie weit man den Begriff fasst - und verschiedene chronische Gelenk-, Muskel- und Knochenschmerzen hinzunimmt - fallen bis zu 400 Krankheitsbilder unter die Rheuma-Diagnose. 1970 ist von einer Million Betroffenen in Deutschland die Rede, heute von bis zu neun Millionen - darunter jährlich 1.000 neu erkrankte Kinder und Jugendliche.Die Gründerväter und -mütter der Liga sind überwiegend Mediziner: Ärzte, die eine verbesserte Nachsorge und Betreuung außerhalb der Krankenhäuser organisieren wollen. Denn Rheumakranke müssen mit ihrem Leiden meist viele Jahre leben, manche dauerhaft. Da helfen neben Medikamenten vor allem Gymnastik und Krankensport, aber auch die Anpassung von Wohnung und Arbeitsplatz. Mit der Zeit entwickelt sich die Rheuma-Liga zu einer Lobby für die Kranken: Sie bietet nicht nur Kurse und Informationsmaterialien für sie an, organisiert Treffs und Freizeiten, sondern startet auch öffentliche Kampagnen. 1997 etwa beteiligt sich die Liga an Demonstrationen gegen die von der Bundesregierung beschlossene Zuzahlungspflicht für Medikamente - und erreicht finanzielle Erleichterungen für die chronisch Kranken.
Heute hat die Liga bundesweit 250.000 Mitglieder. Derzeit rückt sie vor allem die jungen Kranken in den Vordergrund, weil Rheuma fälschlicherweise oft für eine Alterserscheinung gehalten wird. Die Liga hat ein Internetforum und eine Jugendhotline eingerichtet. Die Kampagne heißt: "Früher ist besser - Rheuma rechtzeitig erkennen und handeln". Als Fernziel der Liga formuliert deren Präsidentin Christin Jakob, sich selbst überflüssig zu machen. "Unser größter Erfolg wäre, wir könnten uns selbst abschaffen - wenn man Rheuma endlich heilen könnte."
Stand: 09.12.05