"Generalmusikdirektor Europas" wurde er genannt. Als charismatischer Pult-Star und geschäftstüchtiger Promoter führte er die klassische Musik in der Nachkriegszeit zu ungeahnter Popularität. Wer in den 60er, 70er oder 80er Jahren Mozart oder Beethoven hören wollte, der verlangte im Plattenladen nach Karajan – ein Name, ein Produkt, eine Marke, die für höchste Qualität stand. Der Grundstein für das Klassik-Imperium des gebürtigen Salzburgers wurde am 5. April 1955 gelegt. An seinem 47. Geburtstag wurde Herbert von Karajan als Nachfolger Wilhelm Furtwänglers zum Leiter der Berliner Philharmoniker berufen.Mit dem Chefposten bei den Berliner Philharmonikern erfüllt sich ein Lebensziel, das Karajan schon vor dem Krieg angesteuert hat. Doch erst der Tod seines großen Gegenspielers Wilhelm Furtwängler am 30.11.1954 macht dem schmalen Ästheten mit der sportlichen Aura den Weg frei. Zwei Wochen später küren die Musiker des Berliner Philharmonischen Orchesters (BPO) in einer einstimmig verabschiedeten Resolution Herbert von Karajan zu ihrem neuen künstlerischen Direktor. Im Februar 1955 bricht Karajan mt dem BPO zu einer noch unter Furtwängler vereinbarten Tournee in die USA auf. Eine riskante Bewährungsprobe, denn niemand weiß, wie die Amerikaner zehn Jahre nach Kriegsende auf ein ehemaliges NSDAP-Mitglied (seit 1933) an der Spitze des ehemaligen Nazi-Haus- und Hoforchesters reagieren werden. Fünf Wochen und 26 furiose Konzerte später liegt die Neue Welt Karajan zu Füßen; die Berliner Philharmoniker haben ihren neuen Meister gefunden.
Eine Bedingung allerdings stellt Karajan den Berlinern: Ebenso wie sein Vorgänger Furtwängler will er lebenslänglich berufen werden und verspricht dafür: "So lange ich einen Taktstock in einer Hand halten kann, werde ich bei Ihnen bleiben". Es ist der Beginn einer fast 30-jährigen, ungemein fruchtbaren Zusammenarbeit. Erst wenige Monate vor seinem Tod am 16. Juli 1989 tritt Herbert von Karajan als künstlerischer Leiter des Philharmonischen Orchesters Berlin zurück.
Stand: 05.04.05