Stichtag

06. Oktober 2005 - Vor 60 Jahren: "Süddeutsche Zeitung" erscheint zum ersten Mal

Samstags wiegt sie schon mal ein Pfund und mit ihren Maßen von gut 57 mal 40 Zentimetern versperrt sie die Sicht am Frühstücktisch - aber es steht viel drin, meistens weder schwer noch sperrig präsentiert: die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). Sie ist mit einer Auflage von rund 450.000 Exemplaren pro Tag die größte überregionale Zeitung in Deutschland. Ihre erste Ausgabe erscheint am 6. Oktober 1945 in München. Bei einer Feierstunde im Rathaus übergibt der Chef der US-Nachrichtenkontrolle für Bayern, Oberst Bernhard B. McMahon, die erste Lizenz der Militärregierung Ost an die Gründungsväter der  SZ: Edmund Goldschagg, Franz Josef Schöningh und August Schwingenstein. Die drei Journalisten sind alle wegen ihrer politischen Einstellung von den Nazis verfolgt worden. Die  SZ ist damit die erste deutsche Zeitung, die mit Genehmigung der Amerikaner in Bayern erscheint.Bevor die erste Ausgabe in Druck geht, findet in der Gießerei eine Handlung von symbolischer Bedeutung statt: Die bleierne Gussform von Adolf Hitlers "Mein Kampf" wandert in den Schmelzofen. Daraus entstehen die Druckplatten der ersten Ausgabe der  SZ. Sie sei "ein Sprachrohr für alle Deutschen, die einig sind in der Liebe zur Freiheit, im Hass gegen den totalen Staat, im Abscheu gegen alles, was nationalsozialistisch ist", heißt es im Geleitwort von "Schriftleitung und Verlag". Zunächst kommt die  SZ mit einem Umfang von vier Seiten zwei Mal pro Woche heraus - in der Regel am Dienstag und Freitag.

In der  SZ Nummer 47 erscheint im Juni 1946 zum ersten Mal das "Streiflicht" - "eine Art Leuchtturm im Sturmgebraus der täglichen Hiobsbotschaften", wie Franz Josef Schöningh seine Schöpfung bezeichnet. Die Kolumne entwickelt sich zum Markenzeichen der Zeitung. Als tägliche Glosse steht sie immer auf der ersten Seite, oben links. "Als liberal, als dem Grundgesetz verbunden", definiert der damalige Chefredakteur Hans Heigert Anfang der 1980er Jahre die politische Grundhaltung der  SZ. "Es gibt Leute, die sagen, wir seien etwas links von der Mitte." Wie weit links von der Mitte sei eine Frage des Standpunkts des Beobachters.


Stand: 06.10.05