Stichtag

23. Oktober 2005 - Vor 485 Jahren: Karl V. in Aachen gekrönt

Ein Reich, "in dem die Sonne nie untergeht" (wie er selbst gesagt haben soll), ist Karl als Erbe in den Schoß gefallen: Der Habsburger ist nicht nur Herzog von Burgund, sondern schon als Teenager auch König von Spanien. Und zu Spanien gehört sein einigen Jahren auch "Neuspanien", das Land, das Columbus erreichte und Männer wie Cortez erobern.
Als sein Großvater Maximilian stirbt, will Karl auch dessen Erbe antreten: das deutsche Kaiseramt. Das ist allerdings nicht erblich, sondern wird durch eine Wahl vergeben. Stimmberechtigt sind die Kurfürsten, die mächtigsten Territorialherrscher in Deutschland. Um ihre Stimmen bewerben sich außer Karl auch der englische König Heinrich VIII. und der französische König Franz I. Nachdem Heinrich seine Bewerbung zurückzieht, liefern sich Franz und Karl einen erbitterten Wahlkampf mit allen Mitteln einer Schlammschlacht: Franz stellt den Mitbewerber in einem Brief an die Kurfürsten als viel zu jung für das Amt dar und deutet an, Karl könnte die Geisteskrankheit seiner Großmutter, Johanna der Wahnsinnigen, geerbt haben. Die Propagandaschriften der Habsburger preisen Karls deutsche Abstammung und warnen davor, das Kaisertum in ausländische Hände zu geben.

Am Ende entscheidet Korruption: Der Augsburger Bankier Fugger leiht Karl eine halbe Million Gulden, deren größter Teil als Bestechung an die Kurfürsten fließt. Die wählen Karl am 28. Juni 1519 in Frankfurt zum Kaiser. Mehr als ein Jahr später, am 23. Oktober 1520, erhält er in Aachen die Krone Karls des Großen. Er ist gerade 20 Jahre alt.
Das teuer bezahlte Amt wird Karl V. bald zu einer Last: Während seines Wahlkampfs tobt in Deutschland auch die Debatte um die neuen Thesen von Martin Luther. 1521 verhängt Karl auf dem Reichstag in Worms die Reichsacht über den Reformator - praktisch ein Todesurteil. Aber Luther versteckt sich, seine Bewegung überlebt. Von diesem Zeitpunkt an versucht der Kaiser immer wieder, den neuen Glauben zu unterdrücken - vergeblich. Für Karl V. hängen die Einheit des Reiches und die Einheit der Religion zusammen. Dafür kämpft er jahrelang, mit Diplomatie, aber auch mit Krieg. Die Spaltung der Konfessionen kann er jedoch nicht verhindern. Am 25. Oktober 1555, fast genau 35 Jahre nach der Krönung, legt Karl in Brüssel das Amt des Herzogs von Burgund nieder, sein Rücktritt vom spanischen Thron und vom Kaisertum folgen. Karl ist der einzige "römische Kaiser deutscher Nation", der jemals zurücktritt. Seine letzten Jahre bis zum Tod 1558 verbringt er in einem spanischem Kloster.


Stand: 23.10.05