Stichtag

19. Dezember 2004 - Vor 55 Jahren: Die Glienicker Brücke wird wiedereröffnet

Glienicker Brücken über die Havel gibt es seit etwa 1660: Die erste ist aus Holz und verbindet das noch unbedeutende Potsdam mit dem noch unbedeutenderen Dörfchen Glienicke. Die zweite errichtet der berühmte Preußen-Architekt Karl Friedrich Schinkel 1834 aus Stein. Sie verbindet die Residenzstadt Potsdam mit dem Berliner Vorort Glienicke. 1907 wird sie durch eine Eisen-Stahl-Konstruktion ersetzt, über die nun auch Autos von Potsdam nach Berlin gelangen können, und umgekehrt. Im April 1945 versinkt die Brücke, von Bomben getroffen, in der Havel.Danach wird die Glienicker Brücke eine Brücke, die mehr trennt als verbindet. Die gerade gegründete  DDR lässt die Brückenbögen aus dem Wasser ziehen und reparieren. Bei der feierlichen Einweihung am 19. Dezember 1949 tauft die DDR sie "Brücke der Einheit". Vierzig Jahre lang ist sie eher das Gegenteil: Quer über die Brücke ist eine weiße Linie gezeichnet, 15 Zentimeter breit. Sie trennt Ost von West, DDR von  BRD, den Warschauer Pakt von der  Nato. Nach dem Mauerbau 1961 ist diese weiße Linie der eiserne Vorhang in symbolischer Form, und doch fast unüberwindlich.

Aber nur fast: Denn bewacht von Rotarmisten und amerikanischen Soldaten wickeln die Supermächte auf der Glienicker Brücke den Austausch aufgeflogener Agenten ab. 41 Geheimdienstler des CIA  und des  KGB werden über die Brücke an ihre Absender zurückgeschickt. Auch sonst nutzt man die Brücke für den Kalten Krieg: Amerikanische Soldaten schwören an der weißen Linie ihren Eid auf die Freiheit Berlins. Die DDR erhandelt 2 Millionen D-Mark für die Sanierung ihrer Brückenhälfte, anderenfalls werde sie den Austausch stoppen.Der letzte spektakuläre Grenzübertritt über die Glienicker Brücke ereignet sich am 10. März 1988: Drei DDR-Bürger rasen mit einem gestohlenen Lkw über die Brücke in den Westen. Die russischen Soldaten geben keinen Schuss ab, denn der Wagen ist mit Gasflaschen beladen. Sie wissen nicht, dass die Flaschen leer sind.Eineinhalb Jahre später fällt auch in Glienicke die Mauer. Das heißt: eine Mauer muss hier nicht fallen. Man darf einfach einen Schritt über den weißen Strich machen, und Tausende tun es am 10. November 1989: "Wahnsinn!"

Stand: 19.12.04