Dem Patienten, einem 30-jährigen Studenten, geht es immer schlechter. Seine Leber ist von Krebs durchsetzt. Das Versagen des lebenswichtigen Organs steht unmittelbar bevor. In dieser Situation entschließt Professor Alfred Gütgemann, Chef der Bonner Chirurgischen Universitätsklinik, das Risiko einer Lebertransplantation zu wagen. Der Patient stimmt zu, die für ihn vorgesehene Spenderleber stammt von einem Hirntoten. Dessen Angehörigen werden nicht gefragt, das hält der Mediziner für "unmenschlich und unärztlich".Die Lebertransplantation ist die erste in Deutschland, eine chirurgische Meisterleistung. Zum Operationsteam gehören 40 Ärzte und Schwestern, die Operationstechnik ist an zahlreichen Hunden trainiert worden. Rund fünfeinhalb Stunden dauert der Eingriff, der schwieriger ist als eine Herzverpflanzung. Die entfernte kranke Leber wiegt fast fünf Kilo, mehr als dreimal so viel wie eine gesunde. Nach der gelungenen Leberverpflanzung lebt der Dreißigjährige noch sieben Monate – viel länger als die meisten der bis dahin knapp fünfzig im Ausland Operierten.
Heute erhalten rund 800 Menschen pro Jahr in Deutschland eine neue Leber. Überstehen sie das erste kritische Jahr – und das schaffen immerhin 85 Prozent -, haben sie eine fast eine durchschnittliche Lebenserwartung. Ein Problem ist jedoch geblieben: Nach wie vor gibt es zu wenige Organspenden.
Stand: 19.06.04