Bei Hofe in Spanien und Portugal hat der Entdecker gelernt, sich auch unter Wilden höflich auszudrücken. "Gestatten, ich bin Christoph Kolumbus, Großadmiral des Ozeans und Vizekönig dieses Landes", stellt er sich dem fremden Indianerhäuptling vor. "Wir kommen in friedlicher Absicht. Wir wollen bloß von diesem Land Besitz ergreifen." Mit derart bitterer Ironie haben sich Kurt Tucholsky und Walter Hasenclever die Ankunft von Kolumbus in der Neuen Welt 1492 vorgestellt. "Wir haben Euch entdeckt", heißt es weiter im Text. "Ich hoffe, ihr werdet Euch dieser Ehre würdig erweisen."Christoph Kolumbus wird 1451 als Sohn eines einfachen Wollwebers geboren. Obwohl sich viele Städte rühmen, seine Geburtsstadt zu sein, gilt heute als sicher, das es Genua war. Durch die Schriften Marco Polos erfährt Kolumbus schon früh von den Reichtümern Asiens, vor allem denen Chinas und Japans. Wegen dieser Schätze sucht er eine neue Route nach Indien. Die Weltkarte des Gelehrten Paolo dal Pozzo Toscanelli mit ihrem geschrumpften Atlantischen Ozean lässt ihn die Wegstrecke auf 2.500 Seemeilen berechnen. In Wirklichkeit beträgt sie das Vierfache. Wäre Kolumbus bei seiner Reise kein Kontinent - genauer: die ihm vorgelagerte karibische Inselwelt - dazwischen gekommen, er wäre wohl in den unendlichen Weiten des Ozeans für immer verschollen.
Das wissen auch die Gelehrten an den Höfen von Portugal und in Spanien und weisen Kolumbus' beständiges Werben um seine Idee einer Westfahrt zunächst immer wieder ab. Aber Spaniens Königin Isabella ist ihm wohl gesonnen. Geblendet von der Aussicht auf Reichtümer unterzeichnet das Königspaar im April 1492 doch noch einen Vertrag, der Kolumbus drei Schiffe zur Verfügung stellt, ihn zum Vizekönig aller eroberten Gebiete und zum Besitzer von zehn Prozent aller gefunden Schätze ernennt. Im Oktober geht Kolumbus auf einer Insel der Bahamas an Land. Er nennt den Ort seiner Ankunft "San Salvador" ("heiliger Retter"). Als einer seiner ersten Handlungen bringt er den Eingeborenen das "Ave Maria" bei: Das koloniale Zeitalter hat begonnen. Die Eroberer schicken die Indianer in die Bergwerke, um nach Gold zu graben. Frauen müssen bis zur völligen Erschöpfung auf den Feldern schuften. Zu essen gibt es oft nur eine Hand voll Kräuter. Als Kolumbus 1504 von seiner vierten und letzten Reise wiederkehrt, sind über zwei Drittel der Inselbevölkerung ausgerottet. Trotzdem wird die Dominikanische Republik 1992 das 500-jährige Jubiläum ihrer "Entdeckung" mit einem millionenschweren Fest begehen.Bis ans Ende seiner Tage will Kolumbus nicht wahrhaben, dass ihm mit seiner Suche nach einem neuen Seeweg etwas viel Größeres, nämlich die Entdeckung einer neuen Welt, gelungen ist. "In 33 Tagen fuhr ich nach Indien, wo ich viele Inseln fand", wird er später schreiben. Nach dem Tod seiner Gönnerin Isabella am 26. November 1504 wird er von König Ferdinand V. all seiner Rechte, die Neue Welt betreffend, beraubt. Der Versuch, sie zurückzuerlangen, scheitert. Von der Welt fast völlig vergessen stirbt er am 20. Mai 1506 im spanischen Valladolid.
Stand: 20.05.06