Der neue Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden steht unter Zeitdruck: Am 7. Oktober 1949 gegründet, soll sich die Deutsche Demokratische Republik zum Jahresstag der Oktoberrevolution am 6. November öffentlich präsentieren. Und dazu braucht es eine Nationalhymne. Also schreibt der SED-Vorsitzende Wilhelm Pieck am 10. Oktober einen Brief an den Dichter und Präsidenten des "Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands", den zuverlässigen Kommunisten Johannes R. Becher: "Mir ist in dieser Nacht, wo ich vor neuralgischen Schmerzen nicht schlafen konnte, folgender Gedanke über eine Hymne der Republik gekommen ..."Becher setzt die Gedanken des schlaflosen Parteichefs sofort in Verse um. Sein Poem "Auferstanden aus Ruinen" schickt er zwei Tage später, am 12. Oktober, gleich an zwei Komponisten zur Vertonung: An Ottmar Gerster und Hanns Eisler. Am 4. und 5. November kommt es zu einem Wettstreit der beiden Musiker beim öffentlichen Vorspielen vor den Parteigrößen - zuerst in einem Konzertsaal, dann in Wilhelm Piecks Wohnzimmer. Hier geben Politbüro und Ministerrat Eisler, dem Vertoner vieler Brecht-Texte, den Zuschlag. Einen einzigen Tag vor der öffentlichen Präsentation hat der Staat damit seine Hymne.
Später kommen sowohl Melodie als auch Text ins Gerede. Eislers Komposition klingt stark nach dem Schlager "Goodbye Johnny". Dessen Komponist Peter Kreuder unterliegt allerdings beim Rechtsstreit mit Eisler. Eine Hymne nach einem Lied des Schöpfers von "Ich wollt', ich wär' ein Huhn" wäre doch zu peinlich gewesen. Bechers Text macht in späteren Jahren politische Probleme: Er endet mit dem Vers "Deutschland, einig Vaterland", und das passt nicht gut zur Doktrin der Zweistaatlichkeit. Also wird die Hymne seit den 1970er Jahren nur noch gespielt, nicht mehr gesungen. Erst 1989 kommt Bechers Vers wieder zu unerwarteter Popularität, als die Demonstranten in Leipzig "Deutschland, einig Vaterland" skandieren.Stand: 05.11.04