Auf Bertolt Brechts Grabstein im Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin steht lediglich sein Name. Dabei hat er mehr als 25 Grabinschriften verfasst - auch für sich selbst: "Hier ruht BB, rein, sachlich, böse", schreibt er mit Mitte zwanzig. Zehn Jahre später notiert er: "Ich benötige keinen Grabstein, aber / Wenn ihr einen für mich benötigt / Wünschte ich, es stünde darauf: / Er hat Vorschläge gemacht. / Wir haben sie angenommen." Brecht beschäftigt sich während seines ganzen Lebens immer wieder mit der Endlichkeit des Menschen: "Wenn man anfängt, nach dem Wort Tod im Werk Brechts zu suchen, merkt man, dass das ein Dauerthema ist", sagt Erdmut Wizisla, Leiter des Brecht-Archivs in Berlin.
Der englische Literaturwissenschaftler Ronald Speirs spricht von Brechts "Meisterung von Meister Tod". Von den ersten Gedichten des 15 Jahre alten Schülers bis zu den Versen des 58-Jährigen reichen Brechts Versuche, sich den Tod vom Hals zu halten. Nicht nur in der "Legende vom toten Soldaten" geht es um Sterben und Tod. Auch sonst spielen in den Versen des am 10. Februar 1898 geborenen Augsburgers immer wieder Wasserleichen und sterbende Revolutionäre eine Rolle. Selbst in der "Dreigroschenoper", die Brecht 1928 weltberühmt macht, gibt es eine blutige Ballade: "Die Moritat von Mackie Messer". Eine von Brechts kürzesten Geschichten trägt den Titel: "Herr Keuner und der Tod". Sie lautet: "Herr Keuner mied Beerdigungen."
Von der Zeitschrift "Die Dame" wird der junge Brecht gefragt, welches Buch ihn besonders beeinflusst habe. Seine Antwort: "Sie werden lachen: die Bibel." Im Werk des atheistischen Schriftstellers tauchen immer wieder christliche Motive und Zitate auf. Es geht um Tod, Auferstehung und Verklärung - aber auch um die toten Freunde, die verstorbenen Geliebten und die eigene Todesangst. 1947 reist Brecht nach seinem amerikanischen Exil in die Schweiz. Der Dramatiker will die während der Emigration entstandenen Stücke auf die Bühne bringen: "Galilei", "Mutter Courage" und den "Kaukasischen Kreidekreis". Schauspielerin Regine Lutz erlebt, wie Brecht sich erschreckt, als er an der Fasnacht in Basel Trommeln hört. Deren Rhythmus erinnert ihn an den Tod.
1955 verschlechtert sich Brechts Gesundheitszustand. Er leidet offensichtlich an einer Herzklappen-Entzündung, wie der Kölner Herz-Spezialist Hans Karl Schulten aufgrund von Brechts Krankenakte nachträglich diagnostiziert hat. Doch Brecht wird offenbar falsch behandelt: Statt Antibiotikum werden ihm abgetötete Coli-Bakterien verabreicht, die laut Schulten im besten Fall unwirksam sind. Brecht erleidet einen Herzinfarkt und stirbt am 14. August 1956 in Ostberlin, wo er seit Herbst 1949 gewohnt hat. Brechts letzte Wünsche: Ein Zinksarg um den Holzsarg - weil er vor Würmern Angst hatte. Und: Nach dem Tod ein Stich durchs Herz - weil er Angst hatte, scheintot begraben zu werden.
Stand: 14.08.06