Stichtag

06. März 2006 - Vor 175 Jahren: Friedrich von Bodelschwingh in Tecklenburg geboren

Die von Bodelschwinghs sind eine alte westfälische Adelsfamilie, bodenständig - sie leben von ihrem Land. Auch Friedrich von Bodelschwingh, am 6. März 1831 in Tecklenburg geboren, macht zunächst eine Lehre in der Landwirtschaft. Dann studiert er jedoch Theologie und wird Pfarrer. Seine evangelische Landeskirche schickt ihn nach Paris zur Betreuung deutscher Auswanderer in den Armenvierteln. "Gassenkehrerpastor" wird das Amt genannt.1864 kehrt von Bodelschwingh in die Heimat zurück. Zusammen mit seiner Frau Ida übernimmt er eine Pfarrstelle in Delllwig bei Unna. 1868 sterben die vier Kinder des Ehepaares innerhalb von zwei Wochen an einer Husteninfektion. Von Bodelschwingh will nicht mehr Pfarrer in dem Ort bleiben, bewirbt sich wieder für die soziale Arbeit. "Damals merkte ich, wie hart Gott gegen die Menschen sein kann", sagt er später: "Darum bin ich barmherzig gegen andere geworden."1872 übernimmt von Bodelschwingh die Leitung einer Heil- und Pflegeanstalt für Epilepsiekranke bei Bielefeld. Er nennt sie "Bethel" (hebräisch für "Haus Gottes") und beginnt, auch körperlich und geistig Behinderte aufzunehmen. Der Bedarf ist groß: Durch die zunehmende Industrialisierung finden viele Kranke und Behinderte keinen Platz mehr in der Gesellschaft. Die Verstädterung und der Lebensrhythmus der Fabrikarbeiter lassen Familienpflege immer weniger zu. "Menschen sind keine Ware" ist von Bodelschwinghs Motto. Er baut das Heim mit seinen 150 Patientenbetten systematisch zu einer "Stadt der Barmherzigkeit" aus. Bald leben 4.000 Menschen in Bethel, Pflegende und Kranke. Außerdem gibt von Bodelschwingh die Losung "Arbeit statt Almosen" aus und gliedert Obdachlose und Bettler in Bethel ein."Vater Bodelschwingh" wird der Pastor von vielen genannt. Er führt sein Lebenswerk patriarchalisch. Zu seinem Erfolg tragen vor allem die Diakonissen bei, evangelische Schwestern, die sich ganz der sozialen Arbeit widmen. Von Bodelschwingh verlangt von ihnen "Dienstbereitschaft bis zum Tod". Mitunter testet er die Hingabe junger Schwestern, indem er sie gezielt Patienten mit ansteckenden Krankheiten pflegen lässt.

Seine Frau Ida bekommt in Bethel nochmals vier Kinder. Ihr jüngster Sohn Fritz führt Bethel später weiter. Friedrich von Bodelschwingh stirbt am 2. April 1910 an den Folgen eines Schlaganfalls. Die "Bodelschwinghschen Anstalten" sind heute ein Krankenhaus- und Pflegeunternehmen mit Einrichtungen in sechs Bundesländern. Sie bieten etwa 20.000 Plätze für Patienten und Bewohner und beschäftigen 14.000 Mitarbeiter.

Stand: 06.03.06