Stichtag

18. Juni 2006 - Vor 30 Jahren: Karl Adam stirbt in Bad Salzuflen

Die Karriere von Karl Adam beginnt 1948 im norddeutschen Ratzeburg. Dort tritt er nahe der späteren DDR-Grenze seine Stelle als Physik- und Sportlehrer an der Lauenburgischen Gelehrtenschule an. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Ruderriege zu betreuen. Dabei stellt Adam fest, "dass die Ruderer keinen Kontakt zu anderen Sportarten hatten. Es wurde hier regelrecht Inzucht betrieben. Diese Erkenntnis war meine große Chance." Der am 2. Mai 1912 in Hagen geborene Westfale lässt seine Ruderer Gewichte heben und führt das Intervall-Training ein, das in der Leichtathletik praktiziert wird: kurze, intensive Belastungen nach festem Plan. So haben seine Besatzungen auch dann Kraft und können angreifen, wenn das Tempo anderer Boote nachlässt. Zudem arbeitet der Physiklehrer an der Optimierung der Boote. Er konstruiert neue Riemen und Ruderblätter, um die Hebelwirkung zu verbessern. Kanadische Fichte macht die Boote leichter.

Obwohl er selbst nie aktiv gerudert hat, mischt Karl Adam in den 60er Jahren die Weltspitze im Rudersport auf. 1960 gewinnt der deutsche Achter bei der Olympiade in Rom die Goldmedaille. Damit endet die jahrelange Dominanz des amerikanischen Achters. Adams Boote erkämpfen sich über die Jahre insgesamt 29 Goldmedaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Adam wird zum Leitbild. Sein Konzept wird international hundertfach kopiert. Adam will es ausdrücklich nicht für sich behalten. Ihm geht es um die besten Sportler: "Entscheidend wird dabei die Auslese. Sie kann uns gelingen, wenn die besten bekannten Ausbildungsmethoden nicht wie bisher in wenigen Vereinen, sondern überall angewandt werden."

Doch damit tut sich der bundesdeutsche Ruderverband schwer. Adam wird zwar vom Schuldienst beurlaubt, um in Ratzeburg am Küchensee eine Ruderakademie aufzubauen. Aber er hat immer wieder mit Vereinstrainern und Funktionären zu kämpfen: "Mir stehen die Haare zu Berge, dass eine systematische Aufbauarbeit immer wieder behindert und torpediert wird durch Eitelkeiten und persönliche Eifersüchteleien." Der letzte große Erfolg ist der Olympiatitel 1968 in Mexiko. Am 18. Juni 1976 will Karl Adam während eines Kur-Aufenthaltes in Bad Salzuflen 4.000 Meter laufen. Nach 3.000 Metern bricht er tot zusammen.  Er wird 64 Jahre alt. Im Mai 1997 benennt die Deutsche Bahn ihren ICE zwischen Hamburg und München nach dem so genannten Ruderprofessor.

Stand: 18.06.06