"Das innere, heilige Wesen einer besseren Erziehung steht im Bild eines Baums, der an den Wasserbächen gepflanzt ist, vor meinen Augen", schreibt der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi. Das Kind sei der Baum und der Erzieher der Gärtner, der dafür sorge, dass der Baum gut wachse, seine Zweige enfalte und Früchte ausbilde. Pestalozzi begreift den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. Auf diesen drei Säulen beruht auch seine "Idee der Elementarbildung": Kinder lernen besser, wenn sich Intellekt und Emotion mit praktischem Handeln paaren. Er lehnt "jede einseitige Entfaltung" der Kräfte ab.Johann Heinrich Pestalozzi wird am 12. Januar 1746 in Zürich geboren. Er wächst in bedrückenden Verhältnissen auf, die ihn zum Sonderling machen. Der Vater ist Chirurgus, eine Mischung aus Barbier und Arzt, und kann seine Familie kaum ernähren. "Meine Jugendjahre versagten mit alles, wodurch der Mensch die ersten Grundlagen einer bürgerlichen Brauchbarkeit legt. Ich war gehütet wie ein Schaf, das nicht außer den Stall darf. Ich kam nie zu den Knaben meines Alters auf die Gasse, kannte keines ihrer Spiele", schreibt Pestalozzi später. Diese Erfahrungen fließen in seine Pädagogik ein: Der Unterricht dürfe nicht erst mit dem Schuleintritt beginnen. Deshalb misst Pestalozzi der Mutter eine große Bedeutung bei der Erziehung zu. "Wie Gertrud ihre Kinder lehrt", heißt sein pädagogisches Hauptwerk, das 1801 erscheint.
Pestalozzi studiert Rechtswissenschaften und interessiert sich für sozialpolitische Fragen. Zürich ist damals das Zentrum der Aufklärung in der Schweiz. Er orientiert sich an den Ideen des Schweizer Schriftstellers und Pädagogen Jean-Jacques Rousseau. Nachdem sich Pestalozzis Hoffnungen auf Reformen von oben zerschlagen haben, befürwortet er die Französische Revolution und setzt sich für eine neue politische Ordnung in der Schweiz ein. Er selbst gilt als schwierig und muss etliche Niederlagen einstecken. Mehrere Versuche, eine Erziehungsanstalt für verwaiste Kinder aufzubauen, scheitern. Mal fehlt die Unterstützung der Öffentlichkeit, mal hat er Streit mit seinen Mitarbeitern. Schließlich hat er 1804 in Yverdon Erfolg. Dort kann Pestalozzi seine Konzepte praktisch erproben. Sein Institut in der französischen Schweiz entwickelt sich zum Treffpunkt europäischer Intellektueller. Zu den Gästen gehört auch der Philosoph Arthur Schopenhauer. Pestalozzi stirbt am 17. Februar 1827 im Alter von 81 Jahren.
Stand: 12.01.06